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ökologische Bedingungen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in semiariden Gebieten Namibias und das Fallbeispiel Omaheke

Extrakte aus der gleichnamigen Diplomarbeit von Marc Witte an der

Fachbereich Kultur- und Geowissenschaften - Fachgebiet Geographie

Inhalt

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
2 Ökologische Bedingungen und kommunales Farmen in Tsjaka, Aminuis und Epukiro r. c.
2.1 Auswahl der Forschungsgebiete
2.1.1 Der Verwaltungsdistrikt Omaheke als Forschungsleitregion
2.1.2 Der Farmverband "Tsjaka/Ben Hur"
2.1.3 Das Gebiet "Aminuis"
2.1.4 Die katholische Mission "Epukiro r. c."
2.2 Untersuchungsmethodik
2.3 Untersuchung und Ergebnisse
2.3.1 Haushaltsstruktur und Einkommen
2.3.2 Farming-Bedingungen
2.3.3Infrastruktur und politische Rahmenbedingungen
2.3.4 Einzelfallbetrachtung der Randgruppen
3 Bewertung der Untersuchung
3.1 Ergebnisse der Befragung
3.2 Ländliche Regionalentwicklung in Namibia
3.3 Zusammenfassung und Ausblick
4 Anhang
4.1 Literatur
4.2 Abkürzungen
4.3 Fragebogen

1 Einleitung

Grundlage dieser Arbeit ist ein dreimonatiges Praktikum, das von Februar bis Mai 1997 an der University of Namibia (UNAM) in Windhoek/Namibia durchgeführt wurde und bei dem die Erforschung der Lebens-bedingungen der Kleinbauern in Omaheke im Vordergrund stand. Aus diesem Praktikum sind drei Diplom-arbeiten entstanden, welche die Teilaspekte

  • Ökologie, Physische Geographie,
  • Soziokultur, Sozioökonomie und
  • Politik, Landreform
des kleinbäuerlichen Farmens in Omaheke betrachten. Jede der drei Arbeiten behandelt ihren Teilaspekt als Schwerpunkt, zieht aber inhaltlich auch die Teilaspekte der jeweils anderen beiden Arbeiten mit heran, um als Einzelwerk betrachtet, einen Einblick über die Gesamt-situation geben zu können.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Diese Arbeit verfolgt das Ziel, eine Darstellung der Situation zu geben, in der sich ein typischer Kleinbauer in kommunalen Gebieten Namibias befindet - mit Schwerpunkt auf den physisch-geographischen Parametern.

Zur Untersuchung der Lebenssituation der Kleinbauern wurden - nach anfänglicher Literaturrecherche - vor Ort mit verschiedenen Zielgruppen Interviews geführt (Näheres s. Kap. 2.2). Die Befragung der Kleinbauern stützte sich zwar auf einen Fragenkatalog, aber die vielen vorher nicht absehbaren Aspekte der individuellen Lebenssituation der interviewten Personen führten zu einem hohen narrativen Anteil in der Erhebung. Bei den Schlüsselpersonen wurden ausschließlich narrative Interviews durchgeführt, deren Grundlage die gesellschaftliche Funktion des Befragten war.

^ Inhalt ^ 

2 Ökologische Bedingungen und kommunales Farmen in Tsjaka, Aminuis und Epukiro r. c.

Das nun folgende Hauptkapitel befasst sich gezielt mit der Feldforschung vor Ort, die in Form von Kleinbauernbefragungen die Grundlage dieser Arbeit darstellt.

2.1 Auswahl der Forschungsgebiete

Die Auswahl der Forschungsgebiete läßt sich in zwei Ebenen gliedern: Zunächst erfolgte die Auswahl einer Leitregion für die Forschungsarbeiten (s. Kap. 2.1.1), in der dann drei kleine Gebiete für die Feldforschung vor Ort ausgewählt wurden (s. Kap. 2.1.2 - 2.1.4)

2.1.1 Der Verwaltungsdistrikt Omaheke als Forschungsleitregion

Schaut man sich in der Literatur Namibias um, bzw. informiert sich bei den verschiedenen Institutionen über laufende Forschungs- und Hilfsprojekte, so stellt man sehr schnell fest, daß das Hauptaugenmerk auf den Norden und das Zentrum des Landes gerichtet ist. Dieses ist zum einen demographisch und zum anderen politisch zu begründen, da in dieser Region der größte Teil der Bevölkerung lebt, welcher gleichzeitig auch über die ethnische und politische Mehrheit verfügt. Um hier ein Gegengewicht zu bilden, ist aus folgenden Gründen für die Feldforschung das Gebiet von Omaheke (speziell: District of Gobabis) gewählt worden:
  • Im Gegensatz zu den gut erforschten Nordgebieten stellt Omaheke eher einen „white space“ in der Forschungskarte Namibias dar. Außer der Arbeit der Oxfam UK und einiger punktuell arbeitenden Organisationen wurde hier vergleichsweise wenig geforscht. Motivation war es, einen neuen Sachverhalt zu erforschen und nicht nur bereits Erforschtes zu überprüfen.
  • In den kommunalen Gebieten Omahekes befinden sich die schwächsten Randgruppen der Gesellschaft (u. a. weibliche Haushaltsvorstände, Landlose, Rentner ohne Familie), die unter den unwirtlichen klimatischen Bedingungen zu leiden haben.
  • Hier findet man unterschiedliche Alters- und Erfolgsstadien von kommunalen Landwirtschaftsgebieten.

Omaheke liegt im Osten Namibias an der Grenze zu Botswana und bedeckt eine Fläche von 87.202 km² und besteht aus den Distrikten, Otjinene, Otjozondjou, Steinhausen, Gobabis, Buitepos und Aminuis (s. Abb. 1).


Abb. 1: Karte der Region Omaheke und der drei Untersuchungsgebiete (Quelle: Karte der OXFAM; eigene Nachbearbeitung)

Messungen der Wetterstation Gobabis zeigen, daß das monatliche Mittel der Maximumtemperatur im Jahresverlauf zwischen 22 °C (Juni) und 32 °C (Januar) schwankt, analog dazu schwankt die Minimumtemperatur zwischen 2 °C (Juni) und 20 °C (Januar). Die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge liegt in Nord-omaheke zwischen 300 und 500 mm und in Südomaheke zwischen 200 und 400 mm. Im Jahresvergleich unterliegt sie allerdings starken Schwankungen (s. auch Abb. 5). In Gobabis wurde das absolute Maximum mit 1.036 mm in der Regenzeit 1933/34 gemessen, das absolute Minimum wurde 1984/85 mit 81 mm erreicht. Eine Analyse aus dem Jahre 1993, die das Auftreten von Dürren untersuchte, ergab, daß stets eine Möglichkeit von 42 % besteht, daß der Jahresniederschlag nur 80 % des langjährigen Mittels erreicht; die Möglichkeit, daß nur 60 % des langjährigen Mittels erreicht werden, liegt noch bei 25 %. Die jährliche Verdunstungsrate liegt zwischen 2.750 mm im Norden und 3.000 mm im Süden.

Omaheke ist im wesentlichen vom Sandboden der Kalahari-Wüste bedeckt. Die oberen Schichten bestehen aus einer Lockersanddecke aeolischen Ursprungs und haben eine Mächtigkeit zwischen zehn und 50 m. Die darunter liegenden Schichten, die eine Mächtigkeit von 200 m aufweisen, bestehen aus zersetztem Kalkstein mit Schluff- und Tonanteil und sind von fluviativem Ursprung. Das Ausgangsgestein besteht im Norden aus Schiefer und Marmor, während es im Süden von grobkörnigem Trümmergestein, ein aus Granit entstandenes Metasediment, dominiert wird. Dieser Boden ist für die Landwirtschaft äußerst ungeeignet: Zum einen sind die Lockersande sehr anfällig für Wind- und Wassererosion, zum anderen sind sie mit ihrer geringen Wasserhaltekapazität für die Pflanzen eher unattraktiv.

Bei der Betrachtung der Vegetation läßt sich generell feststellen, daß episodisch auftretender Regenfall und Bodenbeschaffenheit in allen Gebieten Omahekes eine enorme Variation in der Vegetation bewirken kann. Schaut man sich nun die Leitvegetation Omahekes an, so ergibt sich eine Dreiteilung: Der Norden wird von Trockenwald, der mittlere Teil wird von der Kameldornsavanne und der Süden wird von einer Baum- und Strauchsavanne beherrscht. Bei der Grasvegetation läßt sich auch ein gewisser Einfluß der Feldbestockung auf das Auftreten bestimmter Grasarten feststellen.

Die letzte Volkszählung 1991 ergab eine Bevölkerung von 52.735 Menschen mit einem Mann-Frau-Verhältnis von 1:0,95. 84 % der Bevölkerung sind als ländlich einzustufen, die restlichen 16 % verteilen sich auf die beiden größten Städte Gobabis und Leonardville sowie auf 57 weitere kleinere Siedlungen. 52 % der Bevölkerung lebt in den kommerziellen Farmgebieten bzw. in den Städten, die restlichen 48 % leben in den kommunalen Farmgebieten.

Der Durchschnittshaushalt hat 4,8 Personen, in kommunalen Farmgebieten liegt dieser Wert bei 10 bis 12 Personen. Durchschnittlich hat jede Frau 6,1 Kinder; der Anteil der Kinder bis 14 Jahre liegt bei ca. 45 %. Insgesamt gelten 40 % aller Einwohner Omahekes als ökonomisch inaktiv (u. a. Kinder, Schüler/Studenten, Rentner, Behinderte). Von den übrigen 60 % ökonomisch aktiven Personen sind 20 % arbeitslos, die restlichen 80 % arbeiten u. a. in der Landwirtschaft (55 %), als Hausangestellte (11 %), in der Erziehung (7 %), als Mechaniker (6 %) und in der Verwaltung (5 %). Teilt man die Bevölkerung Omahekes nach ihrer Muttersprache auf, so erhält man folgende Gruppen: Herero (43 %), Nama/Damara (24 %), San (12 %), Afrikaans (8 %), Tswana (7 %), Ovambo (3 %), sonstige (inkl. deutschsprachig, 3 %).

In Omaheke befinden sich 809 kommerzielle Farmen (darunter 41 schwarze und 31 nicht-namibische Farmer) mit einer Fläche von ca. 4 Mio. ha. Ferner befinden sich hier die kommunalen Farmgebiete Hereroland-Ost, Aminuis, Korridor und der Tsjaka/Ben Hur-Farmkomplex. In den kommunalen Farmgebieten leben überwiegend Herero und Tswana, aber überall sind auch einige San zu finden. Die Gruppe der San nimmt eigentlich immer die marginalste Stellung in der Gesellschaft ein (s. Kap. 2.3.4). Durch ihr traditionelles Nomadendasein sind sie nie an eigenes Land gekommen und waren somit immer von den anderen Volksgruppen abhängig, die dieses ausnutzen und sie stets für die niederen Tätigkeiten einsetzten. Die San konnten allerdings von der jüngsten Entwicklung profitieren: Die Regierung erweiterte die kommunalen Gebiete noch durch den Zukauf der Farmen Blouberg, Drimopsis, Ombrisu, Skonheid und Vergenoeg. Auch hier kam es nicht zu Zwangsenteignungen, sondern die Farmen wurden von den weißen Besitzern freiwillig abgetreten.

Vor allem diese Gebiete sind nun für die Ärmsten der Bevölkerung, darunter die San, gedacht.

In den kommunalen Farmgebieten Omahekes sind ca. 3.500 Farmhaushalte zu finden, für die ihre Farmwirtschaft meist die einzige Einkommensquelle darstellt. Wenn man nach landwirtschaftlichen Erwerbszweigen differenziert, so fällt auf, daß die Viehzucht einen wesentlich höheren Anteil hat als der Ackerbau. Der Ackerbau wird meist nur in Selbstversorgung durchgeführt. Auch aufgrund der klimatischen Rahmenbedingungen ist Ackerbau im größeren Stil kaum möglich. Aus religiösen Gründen halten die Herero überwiegend Großvieh, während bei den Tswana der Kleinviehanteil überwiegt.

Die Besiedlungsgeschichte Omahekes beginnt im Jahre 1915 mit dem Eintreffen der ersten weißen Siedler. Um diesen Siedlern Farmland zuzuteilen und um eine bessere Kontrolle über die schwarzen Kleinbauern und ihr Vieh zu haben, wurden 1923 die ersten Reservate gegründet.

Diese ehemaligen Reservatsgebiete waren der Ansatzpunkt einer Befragung von Kleinbauern und Personen in Schlüsselpositionen. Hierzu wurden die drei Gebiete Farmverband Tsjaka/Ben Hur, Aminuis und die Mission Epukiro r. c. ausgewählt, da

  • es sich bei allen Gebieten um kommunale Farmgebiete für Kleinbauern handelt,
  • sich alle drei Gebiete in unterschiedlichen Entwicklungsstadien hinsichtlich ihrer Besiedlungsgeschichte und des kommunalen Farmens befinden,
  • man durch ihre gebietsspezifischen Unterschiede (naturräumliche Ausstattung, landwirtschaftlicher Erwerbszweig, Infrastruktur, ...) einen guten Überblick über das kommunale Farmen in Omaheke gewinnt.

Im folgenden werden zunächst diese Untersuchungsgebiete vorgestellt.

2.1.2 Der Farmverband „Tsjaka/Ben Hur“

Der Farmverband Tsjaka/Ben Hur (im folgenden nur „Tsjaka“ genannt) liegt ca. 40 km südöstlich von Gobabis und besteht aus den zehn ehemalig kommerziellen Farmen Aandrus, Ben Hur, Emu, James Hope, Knapdaar, Merwede, Netso, Tsjaka, Vasdraal und Vuurslag, die eine Gesamtfläche von ca. 64.130 ha umfassen (s. Abb. 2).


Abb. 2: Karte des Farmverbands „Tsjaka/Ben Hur“ (Quelle: Karte des MAWRD; eigene Nachbearbeitung)

Im Jahre 1981, nach Installation einer zweiten Regierungsebene, war der Chief der Tswana, C. L. Kgosiemang, in der Lage, diesen Farmkomplex für die Tswana zu erwerben. Finanziert wurde dieser Kauf aus Regierungsmitteln. Nach anfänglichen Schwierigkeiten wurden die Farmen von ihren weißen Vorbesitzern zuletzt alle freiwillig veräußert. Die neuen Bewohner des Komplexes kamen überwiegend aus Aminuis und Korridor, wo sie unter den wachsenden Konflikten mit den Herero und der Dürre zu leiden hatten. Die Neuverteilung wurde vom Chief vorgenommen und durch Besitzurkunden (PTO – permit to occupy) verbrieft. Insgesamt leben in Tsjaka 1.249 Menschen, es sind hauptsächlich Tswana, aber auch einige San leben hier.

2.1.3 Das Gebiet „Aminuis“

Im Jahre 1915 wurde beschlossen, die 50.000 ha, welche die große Salzpfanne bei dem Ort Aminius umgeben (s. Abb. 3), den Tswana in Omaheke zuzuteilen. Im Jahre 1923 wurde dann dieses Gebiet auf 230.000 ha erweitert und offiziell als Reservat erklärt.


Abb. 3: Karte der Gebiete „Aminuis“ und „Korridor“ (Quelle: Karte des MAWRD; eigene Nachbearbeitung)

Zu dieser Zeit setzte allerdings eine Wanderungsbewegung der Herero ein, die unter ihrem damaligen Führer Stephanus Hoveka in dieses neue Gebiet um Aminuis geleitet wurde; als Folge ergab sich ein Herero-Tswana-Verhältnis von 4:1. 1925 wurde das Gebiet nochmals um weitere 313.000 ha erweitert und hatte somit fast seine Größe zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit Namibias (555.754 ha) erreicht. Durch den Odendaalplan wurde das Gebiet offiziell unter der Bezeichnung „Hereroland-Ost-2“ den Hereros zugeschrieben. Gleichzeitig erhielten die Tswana als Ausgleichsmaßnahme das Gebiet „Korridor“, ein 220.000 ha großer Streifen zwischen Hereroland-Ost-2 und der Grenze zu Botswana. Im Rahmen der Neugliederung der Gebiete im Jahre 1992 wurde das Gebiet wieder in „Aminuis“ umbenannt. Zur Volkszählung im Jahre 1991 lebten in diesem Gebiet 5.876 Menschen. Korridor – seit den 70er Jahren als Reservat für die San geplant – war aufgrund seiner marginalen Lebensbedingungen nicht eigenständig entwicklungsfähig und orientiert sich jetzt eng an Aminuis.

2.1.4 Die katholische Mission „Epukiro r. c.“

Diese ehemalige Farm (im folgenden Epukiro genannt und nicht zu verwechseln mit dem Reservat Epukiro bzw. Hereroland-Ost) wurde im Jahre 1903 vom Orden der „Oblaten der unbefleckten Empfängnis Maria“ im Auftrag der katholischen Kirche erworben. Erst im Zuge der Reservatserrichtungen im Jahre 1923 durfte hier begonnen werden, Tswana anzusiedeln. 47 % des 30.000 ha großen Farmgrundstücks wurden im November 1996 als Schenkung an die Tswana zur Selbstverwaltung abgetreten. Aufgrund der horrenden Verwaltungskosten konnte dieses allerdings nicht im Grundbuch amtlich fixiert werden. Die restlichen 53 % verbleiben weiterhin im Besitz der katholischen Kirche. Epukiro hat ca. 3.200 Einwohner – überwiegend Tswana. In den letzten Jahren siedelten sich auch vermehrt San hier an. Für diese Gruppe ist zusätzlich auf der Farm Skoonheit, die wenige Kilometer nördlich von Epukiro liegt, ein eigenes Wohnbauprojekt errichtet worden. Die Mission hat ihren Namen vom Fluß Epukiro, der das Gelände zentral durchzieht (s. Abb. 4), allerdings nur in regenreichen Jahren Wasser führt.


Abb. 4: Karte der Mission „Epukiro r. c.“ sowie der Farm „Skoonheit“ (Quelle: Karte des MAWRD; eigene Nachbearbeitung)

2.2 Untersuchungsmethodik

Zur Untersuchung der Fragestellung über die physisch-ökologischen Farmbedingungen der Kleinbauern in semiariden Gebieten Namibias wurde eine Literaturrecherche bei verschiedenen Organisationen und Einrichtungen durchgeführt. Um aber eine tiefergehende Einsicht in die lokalen Lebensbedingungen der Kleinbauern zu erhalten, wurden in den drei Untersuchungsgebieten Tsjaka, Aminuis und Epukiro zusätzlich Interviews durchgeführt.

Die Interviews richteten sich hauptsächlich an die Kleinbauern. Zusätzlich wurden Personen in Schlüsselpositionen interviewt; dieser Personenkreis zählte zu den Entscheidungsträgern der Region bzw. sie hatten ein Überblickswissen über weitere Themengebiete.

Insgesamt wurden in ganz Namibia über 50 Interviews geführt, 37 davon in den drei Untersuchungsgebieten. Die übrigen Interviews richteten sich an Schlüsselpersonen: vom kommerziellen Farmer bis hin zum Regierungsbeamten.

Es wurden in Tsjaka zwölf Interviews geführt, darunter waren elf Kleinbauern und als Schlüsselperson eine Ladenbesitzerin. In Aminuis wurden 16 Interviews durchgeführt, darunter waren 13 Kleinbauern und als Schlüsselpersonen der Headman der Herero für Aminuis, ein Lehrer an der Schule in der Siedlung Aminuis und ein Verwaltungsbeamter des MAWRD. Einer der 13 Kleinbauern wurde auf seinem Grundstück in Korridor #13 interviewt. In Epukiro wurden zehn Interviews geführt, hier waren es meist Rentner, oder die Interviewten gingen einer formellen Beschäftigung z. B. als Kindergärtnerin nach. Als Schlüsselpersonen wurden der Leiter der Mission, der lokale Headman, eine Krankenschwester sowie eine Schulrektorin interviewt. Im Zusammenhang mit Epukiro wurde abschließend noch ein Interview mit einigen San auf der Farm Skoonheit durchgeführt.

Um sich mit den Kleinbauern, die neben ihrer Stammessprache meist noch etwas afrikaans, selten aber englisch oder gar deutsch sprachen, verständigen zu können, war die Unterstützung durch Übersetzer nötig. In Tsjaka und Epukiro war dies eine 16-jährige Schülerin, die der Gruppe der Tswana angehört und aus Gobabis kommt. Der Dolmetscher in Aminuis war Naftali Kauaka, ein 30-jähriger Herero, der in einem Büro des MAWRD in Korridor #13 arbeitet. Bemerkenswert waren auch die Sprachfähigkeiten der drei San-Mädchen, die nach nur einem Jahr Schulenglisch in der Lage waren, das Interview in Skoonheit komplett zu übersetzen.

Gewisse Unsicherheiten bei der Befragung konnten leider nicht ausgeschlossen werden: Bei vielen Interviews war zwar die gesamte Familie anwesend aber Wortführer war überwiegend der männliche Haushaltsvorstand. Somit blieben hier Gruppenspezifische Probleme (z. B. von Frauen) unberücksichtigt. Weitere Probleme ergaben sich durch die Arbeit mit einem Übersetzer, dessen Ethnie oftmals nicht mit der des Befragten übereinstimmte. Einerseits hatten hier sicherlich viele Personen Hemmungen, wahrheitsgemäß und ausführlich zu antworten, andererseits mag es hier auch sicherlich zu gewollten bis ungewollten Interpretationen des Dolmetschers gekommen sein, die mit in die Übersetzung eingeflossen sind.

2.3 Untersuchung und Ergebnisse

Die um die Informationen von Schlüsselpersonen ergänzte Kleinbauernbefragung läßt sich in drei Themengebiete aufteilen:

  • Haushaltsstruktur und Einkommen,
  • Farming-Bedingungen,
  • Infrastruktur und politische Rahmenbedingungen.

Diese werden im folgenden detailliert mit Schwerpunkt auf Farming-Bedingungen dargestellt. Abschließend werden noch zwei für diese Region bedeutende Randgruppen betrachtet.

2.3.1 Haushaltsstruktur und Einkommen

Betrachtet man die Altersstruktur der Farmbewohner, so findet man hauptsächlich zwei Gruppen: Kinder unter 15 Jahren und ältere Personen im Rentenalter. Das Durchschnittsalter des Haushaltsvorstandes liegt bei fast 55 Jahren (s. hierzu auch Tab. 1).

Alter in Jahren Tsjaka Aminuis Epukiro
bis 30 0 0 2
31 - 45 0 4 2
45 - 60 7 4 3
über 60 4 5 3
Tab. 1: Alter des Haushaltsvorstands (Quelle: Eigene Erhebung)

Der Hauptgrund für diese Altersstruktur liegt in der schlechten Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation in den Befragungsgebieten (s. Kap. 2.3.3). Die befragten Farmer haben im Schnitt 6,4 Kinder, was annähernd dem Landesdurchschnitt von 6,8 Kindern entspricht. Diese überwiegend erwachsenen Kinder, die einen großen Teil der erwerbstätigen Altersschicht repräsentieren, sind aufgrund besserer Bildungs- und Beschäftigungsangebote nach Gobabis und Windhoek gezogen. Die auf den Farmen lebenden Kinder sind größtenteils Enkel der interviewten Farmer. Es sind die Kinder der in Gobabis und Windhoek arbeitenden Erwachsenen, die sich aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht genügend um die Kinder kümmern können.

Der Haushaltsvorstand ist überwiegend auch gleichzeitig der Farmbesitzer. Allerdings wird in einigen Fällen die Farm auch für einen Verwandten geführt. Es lebt auch nicht unbedingt allein die Familie auf dem Hof. Auch wenn man von den Fremdarbeitern (meist aus der Gruppe der San) auf der Farm absieht, ergibt sich trotz des Fehlens der mittleren Generation überwiegend eine Haushaltsgröße von über sechs Personen (s. Tab. 2). Das liegt daran, daß oftmals noch Verwandte des Haushaltsvorstandes (Brüder, Schwestern) mit ihren Kindern auf der Farm leben.

Anzahl Personen Tsjaka Aminuis Epukiro
bis 3 0 2 4
4 - 5 0 4 3
6 -7 3 3 2
8 - 9 3 0 1
10 und mehr 5 4 0
Tab. 2: Anzahl der Personen je Farm (Quelle: Eigene Erhebung)

Die Herkunft der Kleinbauern ist regional sehr unterschiedlich. In Tsjaka sind alle Bewohner erst nach 1980 in dieses Gebiet gezogen, da zu diesen Zeitpunkt Tsjaka als kommunales Farmgebiet den Tswana übergeben wurde. Fünf Familien kamen aus Aminuis, fünf weitere aus Korridor. Eine Familie ist aus Gobabis nach Aminuis gezogen. Die Hauptgründe für den Umzug aus Aminuis/Korridor waren die damalige Dürre, sowie Konflikte mit den Hereros (s. Kap. 2.3.2). Die Vermeidung weiterer Konflikte mit den Herero war auch der Hauptgrund für die Einrichtung des kommunalen Gebietes Tsjaka. In Aminius ist der größte Teil der Personen auch in Aminuis geborenen bzw. stammt aus der näheren Umgebung (max. 20 km); lediglich drei von 13 Personen stammen aus entfernteren Orten: Zwei davon sind wegen des Gartenbauprojektes gekommen und einer, ein Herero, wurde im Jahre 1970 von der Regierung hierher zwangsumgesiedelt. Ein völlig homogenes Bild ergibt sich in Epukiro: Alle Befragten sind auch in Epukiro geboren.

Alle Interviewten gehören dem christlichen Glauben an, mehr als drei Viertel sind römisch katholisch, der Rest evangelisch lutherisch bzw. evangelisch protestantisch. Dieses ist zum einen in der früheren Missionierungstätigkeit der Kirche bzw. in der dichten, kirchlichen Infrastruktur begründet. Allein Aminuis und Epukiro verfügen über eine eigene katholische Missionsstation, in Tsjaka gibt es eine Kirche. Bruder Stommel, Leiter der Mission Epukiro, berichtete, daß lediglich ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung (meist San) noch nicht getauft seien. Parallel hat aber der Naturglaube noch einen großen Stellenwert in der Bevölkerung; er wird in Form bestimmter Zeremonien und gelegentlichen traditionellen Festen noch stets praktiziert und ist von der Kirche soweit geduldet.

2.3.2 Farming-Bedingungen

Die zehn ehemals kommerziellen Farmen, aus die der Farmkomplex Tsjaka besteht, haben im Durchschnitt eine Größe von 6.413 ha (s. Tab. 3).

Farm Größe(ha) Kampe(Anzahl) ha/Kamp(A, B, C) Besitzer(Anzahl) ha/Besitzer(A, B, C)
Aandrus 4335 35 192, 482, 986 9 96, 124, 158
Ben Hur 8275 49 200, 637, 1170 13 67, 169, 298
Emu 4411 27 213, 368, 655 12 156, 163, 185
James Hope 8252 41 239, 550, 1284 15 85, 201, 284
Knapdaar 4409 17 310, 630, 833 7 155, 259, 358
Merwede 4206 19 680, 841, 920 5 158, 221, 243
Netso 8765 36 394, 516, 635 17 175, 243, 389
Tsjaka 8514 48 105, 473, 681 18 103, 177, 341
Vasdraal ca. 8630 ? ? ? ?
Vuurslag 4335 30 105, 333, 437 13 82, 145, 215
Durchschnitt 6413 33,6 271, 537, 845 12,1 120, 189, 275
ha/Kamp bzw. ha/Besitzer: A=Minimum, B=Durchschnitt, C=Maximum)
Tab. 3: Farmgrößen in Tsjaka (Quelle: MAWRD)

In Tsjaka wurden die ehemaligen Kampe der kommerziellen Farmen unter den neuen Besitzern aufgeteilt. Durchschnittlich besitzt jeder Farmer hier 189 ha Land. Diese Zahl steht zwar im Widerspruch zu den Angaben der Farmer (zwischen 20 und 100 ha), aber die meisten der Befragten brachten zum Ausdruck, daß sie ihre Landgröße nicht kannten und nur schätzen konnten. Das zugeteilte Land wird durch Zäune abgegrenzt, die von der Regierung finanziert wurden; zusätzlich ist es in einzelne Weiden (meist vier) unterteilt worden. Ein weitere Unterteilung des eigenen Landes durch Zäune, die im Rahmen eines vernünftigen Weidemanagements sinnvoll erscheint, existierte nicht überall. Nur einer der Befragten hat diese fehlenden Zäune selbst errichtet und sein Land noch weiter unterteilt. Andere äußerten zumindest den Wunsch, ihr Land weiter zu unterteilen, jedoch fehlt ihnen das Geld für die Zäune, und sie hoffen auf Unterstützung durch die Regierung. Haus und Weiden liegen überwiegend direkt beieinander.

In Aminuis hingegen gibt es keine fest zugewiesenen Weideflächen, das Vieh grast daher ohne eine feste Reglementierung und sucht sich mehr oder weniger selbst die Plätze, wo es Nahrung findet. Deshalb ist es auch nicht ungewöhnlich, wenn das Vieh einige Kilometer vom Haus entfernt grast. Diese Form der Nutzung zieht allerdings einige Rivalitäten nach sich. Finanziell besser gestellte kommunale Farmer zäunen Gebiete mit guter Weidevegetation illegal ein (illegal fencing), um sich eine gute Nahrungsgrundlage für ihr Vieh zu sichern. Meist gehen diese Farmer noch einen Schritt weiter, indem sie die Tiere im nicht eingezäunten Gebiet grasen lassen, um das illegal eingezäunte Gebiet als Notweidefläche für Dürreperioden zu schonen. Durch diese Praxis verringert sich die kommunale Weidefläche so stark, daß die anderen Farmer für ihr Vieh keine ausreichende Weidefläche mehr zur Verfügung haben. Es sind in Aminuis sechs illegal eingezäunte Gebiete bekannt, in denen teilweise sogar kommunale Brunnen liegen. Die Einzäunung ist zwar gesetzwidrig, aber es darf laut Gesetz eine bestehende Einzäunung nicht einfach abgerissen werden. Die traditionellen Chiefs haben hier auch keinen Einfluß auf das Gesetz, und Gerichtsklagen gegen das illegale Einzäunen, die bis nach Windhoek gingen, sind bisher abgewiesen worden. Die Bevölkerung macht für das illegale Einzäunen die untätige Regierung und den Autoritätsverlust des Chiefs verantwortlich, da alle illegalen Einzäunungen erst nach der Unabhängigkeit entstanden. Lediglich für einen Bullen ist die Einzäunung von einem 1 km² großen Areal erlaubt; teilweise wird hier aber auch Mißbrauch betrieben, indem der Besitz von Bullen einfach vorgetäuscht wird. Jeder der Befragten ist gegen das illegale Einzäunen; es wird allerdings auch die Meinung vertreten, daß Einzäunungen für eine gerechte Landverteilung sinnvoll sind. Dieses müßte dann aber auch in Form eines staatlichen Programms durchgeführt werden. Laut MAWRD ist zur Zeit allerdings kein sinnvolles Einzäunen möglich, da die rechnerische Fläche, die dann dem einzelnen Farmer zur Verfügung stünde, nicht sein Vieh ernähren könnte; es müßte für diesen Schritt zunächst das Vieh reduziert werden. Von Councillor of Aminuis war zu erfahren, daß man Aminuis in 119 Farmen zu je 4.000 ha aufteilen könnte. Dieser Schritt wäre zwar ökologisch und ökonomisch sinnvoll, er ist allerdings nicht durchführbar, da Aminuis aus 5.000 bis 7.000 Haushalten besteht. Auch die NAU vertritt diese Meinung: Man kann drei bis vier Familien auf einer ehemaligen kommerziellen Farm ansiedeln, nicht aber 200.

ähnlich wie in Tsjaka verhält es sich in Epukiro: Hier wurden die Weideflächen von der Mission aufgeteilt und den Farmern anschließend zugeteilt. Wie auch in Tsjaka ist illegales Einzäunen hier unbekannt. Diese Flächenaufteilung bedingt auch, daß die Weideflächen in der Nähe des Farmhauses liegen.

2.3.2.1 Viehzucht

Die Groß- und Kleinviehhaltung, die in extensiver Form betrieben wird, macht in allen drei Untersuchungsgebieten den Hauptteil der landwirtschaftlichen Produktion aus.

Gebiet Rinder Ziegen Schafe Esel / Pferde
Tsjaka 26 73 50 6
Aminuis 19 34 23 0
Epukiro 15 5 0 1
Tab. 4: Durchschnittlicher Viehbestand pro Haushalt (Quelle: Eigene Erhebung)

Wenn man die Gebiete nun miteinander vergleicht (s. Tab. 4), so stellt man fest, daß es in Tsjaka durchschnittlich 36 % mehr Rinder je Farmhaushalt gibt als in Aminuis. Noch gravierender fällt dieser Unterschied beim Kleinviehbestand auf: In Tsjaka hält jeder Kleinbauer durchschnittlich mehr als doppelt so viele Ziegen wie in Aminuis. Auch bei den Schafen ist das Verhältnis genau so hoch: In Tsjaka hält jeder Kleinbauer mehr als doppelt so viele Schafe wie in Aminuis; es handelt sich hierbei allerdings meist um „normale“ Nutzrassen (Dorpa, Damara), die edleren Karakulschafe waren eher selten. Noch deutlich unter den Bestandszahlen von Aminuis liegen die Zahlen von Epukiro, allerdings müssen diese mit Vorsicht betrachtet werden, da dort nur zwei Kleinbauern befragt wurden. Ein Interview mit dem Headman ergab folgendes Gesamtbild für Epukiro: Tiere je Farmhaushalt: Rinder=3,0; Ziegen=2,3; Schafe=0,2. Tsjaka weist einen vergleichsweise hohen Bestand an Eseln und Pferden auf. Die dort befragten Kleinbauern verfügen im Schnitt über sechs Esel bzw. Pferde, die als Transportmittel eingesetzt werden. In Aminuis verfügte hingegen nur eine Familie über Esel. Darüber hinaus besitzen noch einige Familien weitere Tiere, deren Anteil aber recht gering ist: Hierzu zählen Hühner, Gänse, Hunde und Katzen.

In allen drei Befragungsgebieten gibt es limitierende Regelungen für den Viehbestand, welche aus der Bestockungsgrenze abgeleitet wurden und mehr oder weniger bindend sind. Diese Bestockungsgrenze ist in Tsjaka und Aminuis auf 12 ha/GVE festgelegt und liegt damit 20 % über dem ökologisch verträglichen Wert von 10 ha/GVE. Daraus wurde ein Limit von 50 GVE bzw. 250 KVE abgeleitet. Es ist zwar ein Gesetz, aber es hat einen Gebotscharakter. Die Regierung zwingt daher nicht, sondern sie empfiehlt, alles was über dieses Limit geht, zu verkaufen. In Aminuis hatten Bestockungsgrenzen nur bis zur Unabhängigkeit Bestand. Der Versuch der Regierung, in Aminuis erneut Bestockungsgrenzen durchzusetzen, wurde von den hier ansässigen Hereros abgeschmettert. Die einzige regulierende Möglichkeit hat die Regierung in Dürrezeiten, indem sie dann nur 100 GVE unterstützt (s. hierzu Kap. 2.3.2.3). Selbst wenn es in Aminuis ein Limit gäbe, wäre es fast unmöglich, den Viehbestand zu kontrollieren. Es gibt keine umzäunten Weiden, somit kann man das verstreut grasende Vieh gar nicht zählen. Sogar der Besitzer weiß in der Regel nicht, wieviel Vieh er besitzt: Einerseits hat er genau die gleichen Probleme bei einer Zählung, aber andererseits will er auch gar nicht das Vieh zählen, da das nach dem Herero-Naturglauben Unglück bringt. In Epukiro liegt die Bestockungsgrenze bei 8 ha/GVE. Hieraus wurde ein Limit von 40 GVE pro Kopf abgeleitet, das allerdings nur dann funktioniert, wenn nicht alle diese Grenze voll ausschöpfen.

Alle drei Gebiete gelten als überbestockt. In Epukiro liegt die Bestockungsrate im Schnitt 150 % über der zulässigen Grenze. In Tsjaka kam ein Farmer auf zusammengerechnet 131 GVE (162 % über Limit), ein anderer gar auf 147 GVE (194 % über Limit.

Es wird zwar eine Art von Weidenutzungssystem praktiziert, jedoch ist es von den strengen Vorschriften, die z. B. das HRM auferlegt (feste Gras-/Brachezeiten, Umzäunung, etc.), weit entfernt. In Tsjaka läßt der überwiegende Teil der Farmer sein Vieh auf einer Weide grasen, bis sie nach seiner Meinung als abgeweidet erscheint und schickt das Vieh dann auf die nächste Weide. Andere Farmer haben feste Wechselzeiten von zwei, drei oder sechs Monaten. Während der größte Teil der Farmer nur eine Weide nutzt und drei brachliegen läßt, nutzen andere Farmer zwei Weiden und lassen zwei brachliegen. Ein Farmer ließ sein Vieh über drei Weiden rotieren und hatte eine Weide nur für seine Pferde. Völlig anders verhält es sich in Aminuis; da es keine eingezäunten Weiden gibt, kann das Vieh überall grasen. Die meisten Besitzer schauen aber regelmäßig nach ihrer Herde; wenn eine Fläche abgegrast ist, treiben sie die Tiere weiter. Wenn sie die Tiere in ein neues Gebiet treiben, muß der Headman erst zustimmen. Durch diese Gebietszuweisungen versucht man einen Streit um die besten Weidegebiete abzuwenden. Die Tiere sind meist 5 bis 10 km vom Haus entfernt. In Einzelfällen kann die Entfernung aber auch bis zu 100 km betragen. Eine Unart von Weidemanagement, das illegale Einzäunen, wirkt sich doppelt schädlich für die Allgemeinheit aus. Einerseits gehen der Allgemeinheit Weideflächen verloren und andererseits lassen die Farmer ihr Vieh auch noch zusätzlich zunächst auf dem Allgemeingrund grasen, um ihre illegal eingezäunte Fläche in Trocken- und Dürrezeiten als Notweidegebiet in der Hinterhand zu haben. In Epukiro wird analog zu Tsjaka verfahren, die beiden befragten Farmer kannten aber keine Details über ein geläufiges Weidemanagement, da sich Verwandte um die Tiere kümmerten.

In Dürrezeiten wird das Weidemanagement abgewandelt; es wurden verschiedene Strategien entwickelt: In Tsjaka versuchen einige, die Nutzungszeiten zu verdoppeln, damit sich das brachliegende Land besser erholen kann. Das Problem ist hierbei, daß die dürregeschwächten Weiden das Vieh nicht doppelt so lange ernähren können. Meist gehen Farmer mit festen Wechselzeiten während der Dürre dazu über, so lange auf einer Weide grasen zu lassen, bis diese abgegrast ist, um dann auf die nächste Weide zu wechseln oder sie öffnen alle Weiden und lassen das Vieh grasen wo es will bzw. wo es noch etwas Gras findet. Nur wenige halten für diese Zeit Notweideflächen vor: So teilten sich beispielsweise drei Familien vier Weiden. Jede Familie nutzt eine Weide, es gibt keine Rotation zwischen den Weiden. Dieses System funktioniert natürlich nur, wenn die Weiden mäßig bestockt sind. Erst in der Dürrezeit wird die vierte, sonst brachliegende Weide, mit hinzugezogen, und die drei Familien nutzen alle vier Weiden gleichzeitig. In Aminuis ändert sich während einer Dürre meist der Aktionsradius der Tiere: Waren sie sonst bis zu 5 km vom Haus entfernt, kann diese Distanz während einer Dürre auf zehn oder mehr km anwachsen.

Für ein Weidemanagement ist allerdings nicht nur eine gute Weidefläche, sondern auch eine ausreichende Wasserversorgung der Tiere von Bedeutung (s. auch Kap. 2.3.3). In Tsjaka gibt es keine zentrale Wasserversorgung, da die Farmen sehr verstreut liegen. Es verfügen rund die Hälfte der Farmer über einen eigenen Brunnen, der eine Zisterne (Damm) speist, aus dem wiederum das Wasser u. a. für die Viehtränken abgeleitet wird. Der andere Teil der Farmer besitzt zumindest einen Damm und bezieht sein Wasser aus dem Brunnen eines Nachbarn. Rund ein Viertel der Farmer haben Probleme mit ihrer Wasserversorgung: Es gibt Leitungsdefekte, Brunnen fallen während der Dürre trocken, oder die Brunnen geben generell wenig Wasser ab. Dann wird das Wasser vom Nachbarn zur Verfügung gestellt. Die Wasserversorgung in Aminuis erfolgt in den Ansiedlungen mittels Gemeinschaftswasserstellen. Nur wer etwas entfernter wohnt, bezieht sein Wasser aus privaten Brunnen und Zisternen, die er sich mit den Nachbarn teilt. In Epukiro ist jeder an ein zentrales Leitungsnetz angeschlossen. Es besteht aus drei Brunnen, die eine Reihe von Dämmen speisen und immer genügend Wasser zur Verfügung stellen. Die Wasserqualität wird von der Regierung – wenn auch lückenhaft – überwacht. Ein Wagen des MAWRD mit biochemischem Bordlabor fährt alle drei Monate die 80 staatlichen Wasserstellen in ganz Namibia ab und untersucht sie u. a. auf Nitratgehalt und Bakterien. Während die staatlichen Wasserstellen Wasser in guter Qualität liefern, bergen die privaten und meist unüberwachten Wasserstellen eine potentielle Gefahr für die Gesundheit: In einem nicht abgedeckten Brunnen in Epukiro schwamm beispielsweise ein toter Frosch.

Tierkrankheiten, die gerade in Dürrezeiten oftmals zum Tod der Tiere führen, stellen den Kleinbauern vor ein großes wirtschaftliches Problem. Wenn in langanhaltenden Trockenzeiten die Grasvegetation immer weiter zurückgeht bzw. kahlgefressen wird, sind die Tiere irgendwann gezwungen, sich von den verbleibenden Sträuchern zu ernähren. Zum einen ist der Nährwert gering und zum anderen sind die Pflanzen oftmals auch giftig, so daß viele Tiere hieran verenden. Die tiermedizinische Versorgung ist entweder lückenhaft bzw. gar nicht vorhanden, oder die Kosten beispielsweise für Impfungen gegen die gängigsten Tierkrankheiten (Botulismus, Lungenerkrankungen) können nicht vom Kleinbauern bezahlt werden. Nur ein kleiner Teil der Impfungen werden vom MAWRD durchgeführt und auch bezahlt, hier wird allerdings kein Kleinvieh behandelt. Es fällt auf, daß der Viehverlust durch dürrebedingte Krankheiten erheblich höher ist, als durch nichtdürrebedingte Krankheiten. In Tsjaka haben über die Hälfte der befragten Kleinbauern Viehverluste durch dürrebedingte Krankheiten zu verzeichnen; nur rund ein Viertel berichtete über nichtdürrebedingte Krankheiten. Für Aminuis und Epukiro ergibt sich ein ähnliches Bild. Die Anzahl der durch die Dürre verlorenen Tiere schwankt von einigen wenigen Tieren bis hin zum Herdentotalverlust (in Aminuis).

Ein weiteres, genauso gravierendes Problem ist der Tierverlust durch Viehdiebstahl. In Tsjaka ist dieses Phänomen unbekannt, und in Epukiro kommt es nur im kleinen Stil vor: Meist werden hier nur einzelne Tiere, überwiegend Kleinvieh, gestohlen. In Aminuis ist dieses Problem allerdings an der Tagesordnung. Fast jedem Farmer ist schon mal Vieh gestohlen worden. Das weitläufige kommunale Gebiet und die hierauf sehr verstreut grasenden Herden bieten gute Bedingungen für einen Viehdiebstahl. Viele Farmer sind auch der Meinung, daß das Einzäunungen den Viehdiebstahl begünstigen, da die Herden räumlich konzentriert sind und von den Dieben einfacher eingesammelt werden können. Meist sind es arbeitslose Jugendliche, die überwiegend einzelnes Kleinvieh stehlen, es sofort schlachten und auf den Märkten z. B. in Windhoeks Township Katutura verkaufen. Des weiteren gibt es professionelle Banden, die nachts mit einem LKW anrücken und ganze Kleintierherden, aber auch Rinder einladen und abtransportieren. Sie arbeiten entweder im Auftrag der kommerziellen Farmer oder bringen die Tiere nach Botswana. Einem Kleinbauern in Aminuis wurde die gesamte Ziegenherde (124 Tiere) gestohlen. Die gestohlene Herde eines anderen wies zwar „nur“ 65 Tiere auf, allerdings war die Herde kreditfinanziert und der Farmer stand nun vor dem wirtschaftlichen Ruin, da ihm die Grundlage für eine Rückzahlung fehlte. Meist wird Kleinvieh gestohlen; zum einen ist es leichter zu verkaufen als Rinder, und zum anderen weisen die Rinder häufig Brandzeichen auf. Das Brandzeichen bietet aber auch keinen Vollschutz, da es Abnehmer gibt, die sich nicht um ein fremdes Brandzeichen kümmern. Auch schrecken die Strafen die Viehdiebe nicht ab. Es werden nur sehr wenige der Diebe gefaßt, da die völlig unzureichend ausgestattete Polizei (Defizite bei Personal, Transport, Kommunikation) zu spät am Tatort ist und auch nicht im großen Stil nach den Tätern fahnden kann. Wird dennoch einmal ein Dieb gefangen, muß er oftmals aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden. Kommt es schließlich doch zu einer Verurteilung, sieht das Gesetz nur vergleichsweise milde Geldstrafen vor. Dieses alles bietet keinerlei Abschreckung.

2.3.2.2 Ackerbau

Neben der Viehzucht zählt auch der Ackerbau zu den landwirtschaftlichen Tätigkeiten. Der Ackerbau, der aufgrund seiner kleinflächigen Ausdehnung in Form von Gartenbau betrieben wird, spielt eher eine untergeordnete Rolle, ist allerdings überall in verschiedenen Formen vertreten.

Während in Tsjaka der Gartenbau (hauptsächlich Mais) nur für den Eigenbedarf betrieben wird, gibt es in Aminuis ein Gartenbauprojekt, dem zwei der befragten Haushalte angeschlossen waren und hiermit ihr Einkommen erwirtschafteten. Dieses Projekt wurde von der Bruderschaft SALAM gegründet und befindet sich im Zentrum der Siedlung Aminuis in der Nähe der Missionsstation. Für die Teilnahme am Gartenbauprojekt gab es ein Bewerbungsverfahren. Den hierdurch ausgewählten Kandidaten wurde nach einer Schulung ein Haus mit anschließender Ackerbaufläche (1 ha) zur Verfügung gestellt. Insgesamt zehn solcher Grundstücke wurden angelegt. Das Ackerland wird mittels Tröpfchenbewässerung künstlich bewässert. Brunnenwasser wird mit Hilfe einer Elektropumpe in einen höhergelegenen Damm gepumpt. Dieser wiederum speist ein Leitungssystem, das im Abstand von 2 m die Ackerfläche durchzieht und das Wasser mittels kleiner Düsen abgibt, oder besser gesagt abgeben sollte: Denn das Wasser, welches aus Wassermangel nur alle zwei Tage für drei Stunden eingespeist wird, hatte aufgrund seines hohen Mineralgehaltes ungefähr ein Drittel aller Düsen verstopft, und es gibt keinen Ansprechpartner, der sich mit der Reparatur auskennt bzw. zuständig ist. Angebaut werden hauptsächlich Mais, Bohnen und Süßkartoffeln. Ein Teil des Ertrags muß an die SALAM als Pacht gezahlt werden, die wiederum z. B. den Betrieb der Elektropumpe finanziert. Zeigt sich allerdings, daß der Besitzer nicht erfolgreich wirtschaftet, wird der Pachtvertrag nicht verlängert. Des weiteren findet man analog zu Tsjaka auch kleine Selbstversorgergärten, in denen überwiegend Mais, Bohnen und Kartoffeln angebaut werden.

Eine dritte Anbauform findet man in Epukiro: Hier gibt es kommunale Ackerflächen, die eine über den Eigenbedarf hinausgehende Produktion zulassen. Ungefähr ein Fünftel der in Epukiro ansässigen Familien leben vom Ackerbau und Verkauf ihrer Erträge. Diese Gärten verfügen über ein eigenes Bewässerungssystem in Form der Oberflächenbewässerung. Es lag allerdings ein großer Teil der Flächen brach. Das ist damit zu begründen, daß die Flächenverteilung im Jahre 1996 von der Mission, die systematisch vorging und somit immer eine optimale Bewirtschaftung der Gesamtfläche vorweisen konnte, auf die Einwohner bzw. ihren Chiefs übertragen wurde und im Moment noch starke organisatorische Defizite aufweist. Angebaut werden hier hauptsächlich Mais, Bohnen, Hirse, Zuckerrohr.

2.3.2.3 Dürre, Desertifikation und Umsiedlung

Schaut man sich einmal den langjährigen Verlauf der Jahresniederschläge am Beispiel von Epukiro an (s. Abb. 5), erkennt man schnell den hohen Anteil an Trockenjahren (unter 321 mm Jahresniederschlag), der hier bei über 25 % liegt. Schon zwei aufeinanderfolgende Trockenjahre können Auslöser einer Dürre sein.


Abb. 5: Jahresniederschläge von Epukiro r.c. (Quelle: Aufzeichnungen der Mission)

Der Niederschlag ist allerdings regional sehr unterschiedlich. In Aminuis trat die schlimmste Dürreperiode von 1978 bis 1982 auf. Dies war für viele Kleinbauern der Anlaß, in das soeben gegründete kommunale Farmgebiet Tsjaka zu wechseln. 1995/96 brachte in Epukiro eine einjährige Dürre, die allerdings äußerst niedrige Jahresniederschläge aufwies, nahezu jeden Farmer in wirtschaftliche Bedrängnis. Es wurden nur 152 mm Jahresniederschlag gemessen – das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahre 1943. Aber auch Tsjaka blieb nicht von Dürren verschont. Hier berichteten einige Kleinbauern, daß sie Vieh in Dürrezeiten nach Korridor zum Grasen gebracht hatten.

In Dürreperioden greift die Regierung mit Nothilfeprogrammen ein, die aber aufgrund des zu hohen Viehbestandes nur begrenzt helfen. Während der Dürre unterstützt sie eine bestimmte Anzahl von Tieren (Aminuis: 100) mit Futtergutscheinen und Ausweichweiden. Farmer, die große Tierverluste hinnehmen mußten und nicht überbestockt sind, bekommen nach einer Dürre Kredite, um sich neues Vieh anschaffen zu können. Neben den Geldern von der Regierung zahlt die Agribank bei dürrebedingten Viehverlusten zwei Drittel des Schadens. Das Geld wird nicht als Kredit sondern als Zuschuß gewährt, allerdings bis zu einer Höchstgrenze von 2100 N$, was lediglich für den Kauf von ein bis zwei Rindern ausreicht.

Viele der oben genannten Umstände (Trockenheit, Dürren, Überstockung, labiles Ökosystem, etc.) begünstigen in ihrem Zusammenspiel die Desertifikation, die nahezu überall in ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen präsent ist. Besonders betroffen sind Tsjaka und Aminuis: Hier ist aufgrund der Überweidung die Grasvegetation großflächig stark geschädigt, so daß ein Wachstum von mehrjährigen Gräsern kaum noch gegeben ist. An bestimmten Stellen, z. B. im Umkreis von Viehtränken, fehlt die Vegetation völlig, und der Boden ist der Erosion ausgeliefert. Im Vergleich zu Tsjaka ist Aminuis allerdings noch stärker betroffen. Selbst nach der außergewöhnlich guten Regenzeit 1996/97 gab es noch ausgedehnte Flächen, wo nur Büsche bzw. Bäume ohne jegliche Untervegetation oder überhaupt keine Vegetation vorhanden waren. In Epukiro spielt die Desertifikation hingegen nicht so eine starke Rolle. Es gibt hier lediglich einige stark verbuschte Flächen, die allerdings kein beängstigendes Ausmaß annehmen. Aufgrund der Buschvegetation ist der Boden hier auch nicht so stark erosionsgefährdet. Nach der 97er Dürre war die Vegetation allerdings so beeinträchtigt, daß auf den Weideflächen zunächst nur Blumen und andere vom Vieh nicht verwertbare Vegetation wuchsen, Gras kam erst in den Folgejahren wieder hinzu. Von den Kleinbauern selbst war nicht viel über desertifizierte Flächen zu erfahren, da sie nach Aussage eines OXFAM-Mitarbeiters fürchten, in Zukunft wenig Vieh zu bekommen.

Auch bei den Umsiedlungen (resettlements) in der Vergangenheit gilt die Dürre als der wichtigste Grund. Der Unabhängigkeitskrieg mit seinen Folgen und Flüchtlingsströmen wirkte sich hauptsächlich im Norden aus. Ein Farmer aus Korridor berichtete allerdings von Flüchtlingslagern in Botswana, wo bis heute noch Herero in Zeltdörfern leben, da sie wegen der Bedeutung ihres Viehs für die botswanische Wirtschaft nicht von der dortigen Regierung zurückgelassen werden. Während in Aminuis und Epukiro keiner der Befragten umgesiedelt wurde, da es sich um seit langem bestehende kommunale Gebiete handelt, hat in Tsjaka jeder der Interviewten eine Umsiedlung mitgemacht. Über 80 % der Befragten kommen aus dem Gebiet Aminius/Korridor, das sie allesamt Anfang der 80er Jahre wegen der dort herrschenden großen Dürre bzw. wegen Streitigkeiten mit den Herero verlassen hatten. Neben dem Land, welches sie von Chief Kgosiemang erhalten hatten, bekamen sie auch Unterstützung von der Regierung. Diese Unterstützungen variierten allerdings von Jahr zu Jahr. Eine Familie bekam den ersten Transport zum neuen Wohnort bezahlt, dann mußte sie allerdings mit Pferden zurückreiten und das Vieh auf eigene Kosten nachholen, andere bekamen Geld für den Umzug. Für viele Familien baute die Regierung am Zielort Häuser, die zunächst zur Miete bewohnt und später von den Bewohnern gekauft wurden. Zwei der Befragten erhielten Saatgut bzw. Impfungen für die Tiere. Ein Kleinbauer berichtete, daß in Tsjaka anfangs ein ziemliches organisatorisches Chaos herrschte und einige Familien innerhalb Tsjakas nochmals umziehen mußten. Neben der Regierung stellte auch hier die Agribank Starthilfekredite zur Verfügung, damit die Kleinbauern ihren durch Dürre dezimierten Viehbestand wieder auf ein wirtschaftliches Niveau anheben konnten. In Tsjaka war allerdings zu erfahren, daß kaum ein Kleinbauer diese Agribank-Kredite wahrnehmen kann, da man hierfür 3.000 N$ Eigenkapital und Sicherheiten (z. B. ein Auto oder 20 Stück Großvieh) benötigt.

2.3.2.4 Einkommensquellen der Kleinbauern

Gebiet Viehzucht Rente Ackerbau sonstiger Beruf Kinder
Tsjaka 11 6 1 1 2
Aminuis 11 4 2 3 4
Epukiro 2 3 1 6 2
Tab. 5: Einkommensquellen in den drei Untersuchungsgebieten (Quelle: Eigene Erhebung)

Das Haushaltseinkommen setzt sich aus verschiedenen Quellen zusammen (s. Tab. 5) und läßt sich in regelmäßige und in sporadische Bezüge unterteilen. Da viele der Interviewten über 60 Jahre alt waren, zählt die monatliche Rente von 160 N$ zu den wichtigsten regelmäßigen Bezügen und wurde auch von den Befragten stets an erster Stelle genannt. In Tsjaka erhielten zwei Personen zusätzlich eine monatliche Behindertenrente von 60 N$ und einer bekam noch 61 N$ pro Monat aus einer Altersvorsorgeversicherung, die er als Dammbauer abschloß. In Tsjaka konnte ein Haushalt auch Mieteinnahmen als Einkommen vorweisen. Wenn jemand einen Beruf erlernt hatte, so trägt dieser heute meist aber nicht zum Haushaltseinkommen bei, da der Haushaltsvorstand in Rente ist (z. B. Damm-, Straßenbauer, Farmarbeiter) oder diesen Beruf ehrenamtlich ausübt (z. B. Chief, Laienprediger, Auktionsleiter). Bei den jüngeren Personen zählten u. a. die Berufe Lehrer, Erzieher und Automechaniker zu den regelmäßigen Einkommensquellen. Aus fast jedem Haushalt sind Kinder in die Städte gezogen (meist Gobabis und Windhoek), doch nur wenige können ihre Eltern von dort aus finanziell unterstützen.

Beruf Anteil
Qualifizierte Tätigkeit 10 %
Hilfsarbeiter 23 %
Arbeitslos 21 %
Schüler/Student 37 %
Hausfrau 9 %
Qualifizierte Tätigkeit = u. a. LKW-/Taxifahrer, Lehrer, Polizist, Richter
Tab. 6: Tätigkeiten der außerhalb lebenden Kinder (Quelle: Eigene Erhebung)

Nur ein Drittel der Personen (s. Tab. 6: Hilfsarbeiter und qualifizierte Berufe) wären in der Lage, ihre Eltern finanziell zu unterstützen. Bei den Schülern ist umgekehrt; wer kein Stipendium besitzt, ist auf finanzielle Hilfe von zu Hause angewiesen.

Zu den Haupteinnahmequellen, deren Höhe nicht bekannt war und auch ständig variierte, zählt die landwirtschaftliche Produktion. In Tsjaka und Aminuis beziehen alle Kleinbauernhaushalte ihr Einkommen aus dem Verkauf von Groß- und Kleinvieh. Nur ein Haushalt verdient ausschließlich mit dem Ackerbau seinen Lebensunterhalt – dieser ist dem Aminuis-Gartenbauprojekt angeschlossen. In Epukiro hingegen gilt der ausgeübte Beruf oder die Rente als Haupteinkommensquelle.

Da das Vieh (besonders die Rinder bei den Herero) auch einen Statussysmbolcharakter hat, wird es nur verkauft, wenn besondere finanzielle Ausgaben es unbedingt erfordern: Hierzu zählen die Bezahlung von Schulgeld (s. Kap 2.3.3.1) und der Kauf von Lebensmitteln. Die Tiere werden auf monatlich angebotenen und vom jeweiligen Headman des Ortes geleiteten Viehauktionen verkauft; überwiegend wird Kleinvieh verkauft. Die Käufer sind meist kommerzielle Farmer, die mit dem erworbenen Vieh ihre eigenen Herden aufstocken oder es an Schlachtereien weiterverkaufen. Einem Rotationsprinzip folgend wechselt der Standort der Auktionen, damit diese von jedem Farmer erreicht werden können.

Der überwiegende Teil der interviewten Personen gehört den Ethnien der Tswana und Herero an, welche neben den Weißen zu den ökonomisch erfolgreichsten Bevölkerungsschichten zählen. Von dieser Statistik abweichend, ergibt sich aus den Interviews, daß alle Befragten zwar ein Mindesteinkommen besitzen, welches die Grundbedürfnisse sichert, aber vielen dennoch nur ein Wirtschaften am Rande des Existenzminimums erlaubt.

2.3.3 Infrastruktur und politische Rahmenbedingungen

2.3.3.1 Regionale Infrastruktur

Die Infrastruktur wies in allen drei Untersuchungsgebieten deutliche Schwächen auf, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Verkehr und Kommunikation.

Das Angebot an Schulen ist in den drei Untersuchungsgebieten sehr unterschiedlich, aber durchweg unzureichend. Tsjaka besitzt weder eine Schule noch einen Kindergarten. Die Kinder müssen daher umliegende Schulen, z. B. in Gobabis, besuchen, was sehr teuer ist, da zum Schulgeld wegen des Wohnortswechsels noch Fahrtkosten und Kosten für die Unterbringung hinzu kommen. Aminuis verfügt hingegen über zwei Kindergärten und fünf Schulen. Allerdings ist nur eine Schule eine „secondary school“, die bis zur Klasse 10 unterrichtet, die anderen vier Schulen sind „primary schools“, die nur bis zur Klasse 6 bzw. 8 unterrichten. Ein Unterricht bis Klasse 12 fehlt völlig. In Epukiro ist eine schulische Ausbildung nur bis zur Klasse 7 gegeben. Vielen Eltern fehlt das Geld besonders für die Fahrtkosten, die ein Schulbesuch bis Klasse 12 erfordert. Allerdings gibt es in Epukiro eine Landwirtschaftsschule, die in einem neunmonatigen Kurs 24 Schüler in den wichtigsten Farmtätigkeiten in Theorie und Praxis ausbildet. Die Schule ist eine Einrichtung der Mission, und der Unterricht wird vom Missionsleiter Bruder Stommel durchgeführt. Derartig ausgebildet, ist es für die meisten Absolventen kein Problem, eine Anstellung auf einer kommerziellen Farm zu finden. Des weiteren wird in Epukiro eine Ausbildung zum Bäcker, Ziegler und Gärtner im Gartenbauprojekt angeboten.

In allen drei Untersuchungsgebieten gibt es daher in allen Altersstufen Wissensdefizite, die sich hauptsächlich im Analphabethismus und fehlenden Englischkenntnissen niederschlagen und einen Berufseinstieg erschweren. Viele Eltern schicken ihre Kinder erst gar nicht zur Schule oder nehmen sie wieder herunter, da sie das Schulgeld nicht bezahlen können. Dieses liegt zwischen 210 N$ pro Jahr in einer staatlichen Schule und 1.050 N$ pro Jahr in einer privaten Schule, ein Platz in einem Internat kostet 900 N$ pro Jahr. Auf Antrag können die Eltern bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten vom Schulgeld befreit werden. Ein Studium ist nur in Windhoek an der UNAM oder am Polytechnikum möglich.

Auch ist die medizinische Versorgung in allen drei Untersuchungsgebieten sehr unterschiedlich. In Tsjaka verhält sich die medizinische Versorgung analog zur schulischen Infrastruktur – sie ist praktisch nicht gegeben. Nur alle zwei Monate kommt eine mobile Gesundheitsstation, die hauptsächlich Frauen und Kinder behandelt. Männer und ältere Menschen werden nur im Notfall behandelt. Alternativ können Kranke auch zur Klinik in Gobabis kommen, allerdings kann kaum einer die horrenden Kosten von über 100 N$ für einen privat organisierten Krankentransport bezahlen. Aminuis verfügt über ein eigenes Krankenhaus mit vier Betten (zwei Wochenbetten, zwei Krankenbetten). In der zum Krankenhaus gehörende Wohnung wohnt eine Krankenschwester, so daß ein 24-Stunden-Notdienst gewährleistet ist. Es steht ein Krankenwagen zur Verfügung, um Patienten im Bedarfsfall nach Gobabis bringen zu können. Die Ausstattung des Krankenhauses mit medizinischem Gerät und Medikamenten weist zwar Mängel auf, aber alle befragten Haushalte waren mit der medizinischen Versorgung zufrieden. Es wurde allerdings beklagt, daß diese zu teuer sei, denn eine stationäre Behandlung kostet 16 N$. Kann der Patient das Geld nicht aufbringen, so wird er kostenlos behandelt. Nach Aussage der Krankenschwester sind die häufigsten Krankheiten Malaria und Tuberkulose, AIDS-Fälle gab es bisher vier. Epukiro verfügt über eine Krankenstation mit einem Bett. Diese wurde von der Mission errichtet und bezieht die Medikamente aus Gobabis. Ein Krankentransport fehlt hier ebenso dringend wie eine Geburtsliege. Die Behandlungskosten liegen zwischen 3,00 N$ und 4,50 N$.

Die Verkehrsinfrastruktur weist in allen Untersuchungsgebieten dieselben Mängel auf. Geteerte Straßen findet man nur in Gobabis und nach Windhoek. Die Hauptstraßen, welche die Orte mit einander verbinden, sind lediglich planiert. Sie sind zwar in gutem Zustand, nach einem Regenschauer bildet sich allerdings ein Schmierfilm, der mit Glatteis zu vergleichen ist und die Straßen dort unpassierbar macht, wo sie nicht ohnehin schon unter Wasser stehen. Es gibt keine öffentlichen Verkehrsmittel; wer keine eigenen Transportmittel in Form von Pferden, Eselskarren oder gar ein Auto besitzt, ist auf Mitfahrgelegenheiten angewiesen.

Dieses Transportproblem, welches sowohl auf Käuferseite als auch auf Verkäuferseite besteht, ist auch die Hauptursache, daß sich kein regionaler Markt bilden kann. Es. Einzelne Haushalte für sich betrachtet, haben keine Überschüsse für einen Markt. Nur die Gartenbauprojekte sind in der Lage, einen lokalen Markt (z. B. Gobabis) zu beliefern; es ist aber schon vorgekommen, daß zentnerweise Feldfrüchte verrottet sind, weil kein Transportmittel zur Verfügung stand.

Eine Kommunikationsinfrastruktur ist faktisch nicht vorhanden. Nur wenige öffentliche Gebäude sind an ein völlig unzeitgemäßes Telefonnetz angeschlossen – die sogenannte „farm-line“. Hier sind bis zu zwölf Telefone parallel auf eine Leitung geschaltet. Da es keine Selbstwählverbindungen sind, können Gespräche nur per Operator vermittelt werden. Wird jemand angerufen, klingeln alle Apparate auf der Line nach einem Morsecodeprinzip. Die Zielperson erkennt ihren Code und nimmt das Gespräch entgegen, allerdings kann auch jeder andere das Gespräch annehmen. Wenn einer auf der Line spricht, ist sie für weitere Gespräche blockiert. Die anderen Line-Teilnehmer können allerdings mithören und sich in das Gespräch einmischen, was oftmals zu Streit führt. Die einzige Kommunikationsmöglichkeit für den Privatmann ist „Mund-zu-Mund“ oder die Post. Es steht je Siedlung überwiegend nur ein Postkasten zur Verfügung, aber auch für die eingehende Post gibt es meist nur eine Adresse je Ort. Wer beispielsweise jemandem in Epukiro etwas schicken möchte, muß seine Post an die Mission adressieren. Vor dem Hintergrund der hier geschilderten Kommunikationsdefizite ist es daher nicht verwunderlich, daß moderne Kommunikationsmittel wie z. B. das Internet noch unbekannt sind.

2.3.3.2 Haushaltsinfrastruktur

Jeder der befragten Haushalte verfügt über mindestens ein Haus. Die beste Ausstattung wies Tsjaka auf. Viele Familien besitzen mehrere Häuser (Wohnhaus mit Nebengebäuden), die meist aus Ziegeln gebaut sind. Bei diesen Gebäuden handelt es sich um die ehemaligen Bauten der kommerziellen Farmen, die von der Regierung aufgekauft wurden und dann an die neuen Besitzer entweder vermietet (vor der Unabhängigkeit ca. 70 N$/Monat) oder verkauft wurden (1.250 bis 1.600 N$). Bei den anderen Gebäude in Tsjaka handelt es sich, wie auch in Aminuis und Epukiro, um kleine rechteckige Häuser mit Wänden aus Lehm oder Kuhdung und einem Wellblechdach. Diese Häuser sind in der Vergangenheit vom Kleinbauern selbst oder dessen Vorfahren gebaut worden. Mietshäuser gehören in Tsjaka und Aminuis der Regierung (20 - 50 N$ Monatsmiete) und in Epukiro der Mission (12 N$ Monatsmiete).

Die Wasserversorgung der Haushalte in Tsjaka erfolgt über die Dämme und Brunnen der ehemaligen kommerziellen Farmen. Wegen der verstreuten Lage der einzelnen Häuser wurde noch kein zentrales Leitungsnetz installiert. Dies ist auch nicht zwingend notwendig, da die bestehenden Häuser der ehemaligen kommerziellen Farm über Wasseranschlüsse verfügen und neue Häuser stets in der Nähe eines bestehenden Damms oder Brunnens errichtet wurden. In Aminuis gibt es in den Hauptansiedlungen einen kommunalen Brunnen; entweder sind die Haushalte direkt angeschlossen oder es teilen sich mehrere Haushalte eine Gemeinschaftszapfstelle. Außerhalb liegende Haushalte verfügen über einen privaten Brunnen, den sie sich mit mehreren anliegenden Haushalten teilen. In den kommunalen Brunnen wird das Wasser mittels einer Dieselpumpe gefördert, die von der Regierung kostenlos mit Betriebs- und Schmierstoffen versorgt und gewartet wird. Allerdings reichen die von der Regierung monatlich gelieferten 200 l Dieselkraftstoff nicht aus. Jeder Liter, der darüber hinausgeht, muß von der Gemeinschaft selbst nachgekauft werden. Dieses kommt häufig in der Trockenzeit vor, wenn der Grundwasserspiegel abfällt und die Pumpen mit erhöhter Leistung fördern müssen. Fällt ein Brunnen trocken, so wird er vertieft oder bis zur nächsten Regenzeit aufgegeben, letzteres ist bei Gemeinschaftsbrunnen allerdings nicht möglich. Der Grundwasserspiegel in Aminuis ist allerdings recht hoch. Des weiteren gibt es auch Probleme durch unpünktliche Lieferungen von Regierungsdiesel, sowie durch zu lange Reparaturzeiten bei den Pumpen. Windräder zur Förderung von Wasser stellen aufgrund ihrer niedrigen Förderleistung und hohen Störanfälligkeit kaum noch eine Alternative dar. In Epukiro verfügt jeder interviewte Haushalt über einen eigenen Wasseranschluß, der aus dem Gemeinschaftsbrunnen gespeist wird. Für die Wassernutzung ist hier allerdings eine Pauschale von 2 N$ pro Monat an die Mission zu entrichten. Von den drei Brunnen der Mission wird einer per Windrad betrieben, der zweite per regierungsversorgter Dieselpumpe und der dritte per solarstromgespeister Elektropumpe. Die Solaranlage wurde von Ordensbrüdern aus Holland gestiftet. Alle Befragten, deren Wasser per Dieselpumpe gefördert wird, äußerten die Besorgnis über die Pläne der Regierung, die Finanzierung des Diesels bis zum Jahr 2000 vollständig auf die Kommunen zu übertragen.

Die öffentliche Stromversorgung ist in den drei Untersuchungsgebieten sehr unterschiedlich: In Tsjaka ist sie für den Privathaushalt nicht vorhanden. Es existiert nur ein Dieselaggregat, welches der OXFAM gehört und die Stromversorgung in ihrer Hauptniederlassung auf Ben Hur zumindest stundenweise sichert. Ansonsten ist noch ein Laden daran angeschlossen, der seine Kühltheke damit betreibt. Mittelfristig ist hier eine Solarstromanlage geplant, an die auch Privathaushalte angeschlossen werden sollen. Auch in Aminuis stand Elektrizität eigentlich nur den öffentlichen Gebäuden zur Verfügung (u. a. Mission, Krankenhaus, Schule, Verwaltung, Tankstelle, Diskothek). Von den befragten Haushalten war nur einer (gut verdienender Lehrer) angeschlossen, die anderen Haushalte zeigten aufgrund der hohen Kosten kaum Interesse an Elektrizität. Die Abrechnung der Stromkosten in den Privathaushalten in Aminuis verläuft analog zu Epukiro, wo aber die Versorgungsdichte weitaus höher ist. Denn in Epukiro wurde bereits im Jahre 1993 mit Hilfe der NORAD ein Projekt ins Leben gerufen, in dem alle Privathaushalte an das Stromnetz angeschlossen wurden. Abgerechnet wird nach einem Prepay-Verfahren, welches mit dem Copy-Cheque-System vergleichbar ist: In jedem Haushalt ist ein Zähler installiert, der nur Strom liefert, wenn er mit einer vorausbezahlten Magnetkarte gefüttert worden ist. Berücksichtigt man das Einkommen der Kleinbauern, so ist der Strom mit 0,33 N$ pro kW/h sehr teuer. Es werden Magnetkarten zu 10 bzw. 20 N$ angeboten, die oftmals nicht verfügbar sind, da sie aus Gobabis beschafft werden müssen. In Epukiro, wo fast alle Haushalte Elektrizität ausschließlich für Licht benutzen, liegt der Durchschnittsverbrauch bei 30 KW/h pro Monat.

Aufgrund hoher Strompreise bzw. fehlender Stromversorgung ist der wichtigste Energieträger in den Kleinbauernhaushalten das Brennholz. Mit Ausnahme von vier Haushalten, die mit Gas bzw. Strom kochen, wird überall Brennholz zum Kochen verwendet. Bei der Verfügbarkeit standen sich zwei Aussagen gegenüber: Einerseits wurde berichtet, daß Brennholz in allen drei Untersuchungsgebieten ausreichend zur Verfügung steht und keine Bäume dafür geschlagen werden müssen, da es genug abgestorbenes Holz gibt. Andererseits war aber auch oft zu hören, daß es immer schwieriger wird, in der Umgebung Brennholz zu finden und sich die Wege zu guten Brennholzplätzen stetig verlängern. Meist werden die Frauen oder Kinder eines Haushaltes zum Holz holen geschickt. Einige Haushalte kaufen ihr Brennholz allerdings auch. In Aminuis sammeln Kinder und arbeitslose Jugendliche Brennholz und verkaufen eine Eselskarrenladung, die für ca. zwei Wochen reicht, für 15 N$. In Epukiro kostet eine Ladung, die für ca. drei Wochen ausreicht, zwischen 25 und 30 N$. Alternativ kann man sich in Epukiro den missionseigenen Traktor für 25 N$ am Tag leihen. Hiermit ist man in der Lage, eine selbst gesammelte Brennholzladung zu transportieren, die für ca. vier Wochen reicht.

Gas spielt als Energieträger nur eine untergeordnete Rolle. Ein Haushalt in Tsjaka verfügt über eine eigene Biogasanlage, welche aus Kuhdung Methangas erzeugt, was dann zum Kochen verwendet wird. Trotzdem wird aus traditionellen Gründen auch hier noch oft auf dem Feuer gekocht. Alle weiteren Haushalte, welche Gasgeräte besitzen, arbeiten mit Flaschengas. Ein anderer Haushalt betreibt mit Gas einen Kühlschrank, der aber nur in Betrieb ist, wenn die Kinder aus Gobabis Gas mitbringen.

Bei der sanitären Ausstattung der Haushalte fällt als grundlegender Mangel auf, daß nicht jeder Haushalt eine Toilette besitzt. Von den befragten Haushalten besaß in Epukiro einer keine Toilette, in Tsjaka waren es zwei und in Aminuis gar drei. In Epukiro war dieser eine Haushalt ohne Toilette wohl die Ausnahme, denn das Auftreten von hygienebedingten Magen-Darmerkrankungen war hier eher selten, während in Tsjaka und Aminuis häufiger Durchfallerkrankungen auftreten. Allerdings liegt der Anteil von Haushalten ohne Toilette in Tsjaka und Aminuis (befragte Haushalte: ca. 25%) noch deutlich unter dem Wert von Omaheke (ca. 50%).

2.3.3.3 Politik und Landreform

Der Chief einer Ethnie (für die Tswana in Omaheke ist es Mr. Kgosiemang) gilt als Vermittler zwischen den Einwohnern und der Regierung. Bei der Befragung zeigte sich allerdings eine gewisse Unzufriedenheit über die Führung. In Tsjaka waren drei der Befragten der Meinung, daß die Regierung wenig bis nichts für die Region tut; zwei meinten, daß auch Chief Kgosiemang zu wenig für seine Leute unternimmt. In Aminuis vertraten einige Tswana ebenfalls diese Meinung, des weiteren wurde hier geäußert, daß die Regierung zu viel redet und zu wenig tut. Die Begründung sah man darin, daß Omaheke ein Gebiet der politischen Opposition (DTA) ist. In Epukiro gehen die Meinungen auseinander: Auch hier denken einige, daß die Regierung den Leuten nicht hilft. Ein Kleinbauer war allerdings der Meinung, daß man doch einiges der neuen Regierung zu verdanken habe (z. B. Klinikausstattung und ausreichende Nahrungsversorgung). Ein Mitglied der AFA berichtete, daß die Regierung generell nicht gerne die Vorschläge der Chiefs annimmt, da sie Angst hat, daß der Einfluß der Chiefs hierdurch wächst und sich der Regierungseinfluß analog verringert.

Fragt man einmal nach, was sich konkret für die Haushalte seit der Unabhängigkeit verändert hat, ergibt sich allgemein folgendes Bild:

  • Die negativen Veränderungen waren in der Überzahl: Kostenanstieg bei Schule, Transport und Gesundheit, Arbeitslosigkeit, keine Dürrehilfe mehr, Inflation, schlechte Regierung, Jugendschwangerschaften.
  • Dennoch gab es auch positive Veränderungen: Lohn in Form von Geld statt Naturalien, faire Kreditbedingungen, bessere Regierung, Einführung der Landreform, bessere Infrastruktur, Freiheit der schwarzen Bevölkerung.
  • In allen drei Untersuchungsgebieten gab es aber auch Personen, die keine Veränderungen feststellen konnten.

Speziell in Tsjaka äußerten sich viele besorgt über den Wegfall der Pumpendiesel-Subventionen. In Aminuis war man über die Zunahme der Kriminalität besorgt. Einzig in Epukiro überwog eine positive Änderung: die Einführung der Elektrizität.

Erkundigt man sich speziell nach dem Wissensstand der Befragten um die Landreform, so fällt als erstes auf, daß ca. 50 % aller Haushalte nichts darüber wissen bzw. sich dafür nicht interessieren. Der Mangel an Interesse ist zumeist mit dem Alter zu begründen, da einige der Ansicht waren, daß die Landreform eher was für ihre Kinder sei. Weitere 25 % meinten, daß die Landreform ihnen keinerlei Vorteile gebracht hat: Konkret wurden Mittelkürzungen (u. a. für Pumpendiesel), Einführung von Viehlimits und eine zu geringe Geschwindigkeit bei der Umsetzung der Reform geäußert. Nur zwei der Befragten hatten eine positive Einstellung zur Landreform.

Eine große Bedeutung für die kommunalen Farmer hat die Möglichkeit, sich eine kommerzielle Farm zu kaufen. Das Regelwerk für diese Kaufprozedur wurde schon 1987 festgeschrieben, aber bislang verlief dieser Prozeß eher schleppend. Von der Landreform erhofft man sich nun hierfür eine Beschleunigung. In der Gegend um Tsjaka gibt es 38 solcher neuerworbenen Farmen, fast zwei Drittel dieser Farmen sind in Besitz von Tswana. Auch hier gibt es einige Probleme: Einige Farmer, die eine genügend große Herde aufweisen, wollen keine kommerzielle Farm, da sie für den Kaufpreis Vieh veräußern müßten. Die Herde hätte dann immer noch eine wirtschaftliche Größe, aber der Viehverkauf ist gegen die Hererotradition. Andere kaufen zwar eine kommerzielle Farm, aber geben ihr kommunales Farmgebiet nicht ab (dieses wird dann meist von der Frau verwaltet), da die Regierungszuschüsse auf kommunalem Gebiet größer sind als auf kommerziellem Gebiet.

2.3.3.4 Aktuelle Gesamtsituation und Perspektiven

Abschließend wurden die Haushalte nach der Beurteilung ihrer Gesamtsituation gefragt. Hier hinterläßt die Summe aller ökologischen, ökonomischen und infrastruktuellen Rahmenbedingungen ein zu erwartendes Bild (s. Tab. 7).

Hauptproblem Anzahl
niedriger Lebensstandard 4
schlechte Politik/Projektarbeit 4
Farmingprobleme 2
Alter/Krankheit 2
Geld 1
schlechte Bedingung für frauengeführte Haushalte 1
insgesamt zufrieden 9
keine Angabe 6
Mehrfachnennungen möglich
Tab. 7: Lebenssituation und Probleme (Quelle: Eigene Erhebung)

Fast jeder Haushalt hat mit einem oder mehreren Problemen zu kämpfen. Zufrieden ist man im allgemeinen nur, weil man es muß, da man ja sowieso nichts an der Situation ändern kann. Die Not ist hier allerdings nicht so groß, daß jemand hungern muß. Die Frage nach der Ernährung ergab, daß jeder genügend Nahrung zur Verfügung hat und täglich zwei bis drei Mahlzeiten zu sich nimmt. Die Lebensmittel stammen von lokalen Händlern und aus Gobabis. Wenn auch ungern, wird manchmal Kleinvieh für die eigene Nahrungsversorgung geschlachtet, Großvieh ist für die tägliche Nahrungsversorgung tabu und wird nur bei traditionellen Zeremonien geschlachtet. Bei den Wünschen für die Zukunft steht die Vergrößerung des Viehbestandes, aber auch bessere Bedingungen für die Kinder (z. B. in Form einer guten Ausbildung und Verdichtung des Schulnetzes) an erster Stelle (s. Tab. 8). Diese Wünsche wurden in allen drei Untersuchungsgebieten geäußert.

Wunsch Anzahl
Vieh 9
bessere (Ausbildungs-)Bedingungen für Kinder 9
Farmland 6
Geld 4
Kredit 3
bessere Politik/Polizei 3
besseres Haus 9
sonstiges 3
keinen Wunsch 3
Mehrfachnennungen möglich
Tab. 8: Wünsche für die Zukunft (Quelle: Eigene Erhebung)

Der Wunsch nach Land, der auch oft mit dem Wunsch nach einer eigenen kommerziellen Farm verbunden ist, wurde ausschließlich in Aminuis geäußert, da hier die Landverteilung noch nicht geklärt war. Aus diesem Grund wurde auch hier der Wunsch nach einer besseren Politik und raschen Durchführung der Landreform geäußert. Der Wunsch nach Geld bzw. Krediten war häufig mit konkreten Vorhaben für diese Mittel verbunden (u. a. für Vieh und Hausbau). Eine bessere Berücksichtigung von wirtschaftlich schwachen Minderheiten wünschte sich ein frauengeführter Haushalt. Aber auch der Wunsch nach mehr Sicherheit in Form von mehr Polizeipräsenz wurde laut. Auch gab es eher ideelle Wünsche: Ein Kleinbauer wünschte sich eine besseres Verhältnis zu seinen Verwandten und einer wünschte sich den Abbau der Kluft zwischen arm und reich.

2.3.4 Einzelfallbetrachtung der Randgruppen

Bei der Betrachtung benachteiligter Gruppen stellt sich zunächst die Frage nach den frauengeführten Haushalten (female hadded households). In jedem der drei Untersuchungsgebiete wurden je zwei solcher Haushalte befragt.

Beim ersten befragten frauengeführten Haushalt in Tsjaka zeigte sich, daß die im Jahre 1938 geborene Frau (und ihre sechs Kinder) einen geringeren Lebensstandard hat als die übrigen nicht-frauengeführten Haushalte. Sie verfügt nur über ein festes Monatseinkommen von 60 N$ aus einer Behindertenrente. Das restliche Geld muß sie von ihren fünf Rindern bzw. 35 Schafen erwirtschaften. Auch ihrem Vieh hat die Dürre zugesetzt: Acht Rinder sind daran gestorben. Das Geld reicht kaum aus, oft gibt es abends keine Mahlzeit mehr. Nach ihrer Meinung zur aktuellen Lebenssituation gefragt, äußerte sie konkret den Wunsch, daß mehr für frauengeführte Haushalte getan werden muß. Der zweite Haushalt wird von einer 1939 geborenen Frau geleitet, die ihre sieben Kinder versorgt. Hier war der Lebensstandard aber ähnlich wie in allen anderen nicht-frauengeführten Haushalten. 1989 kam sie nach Tsjaka und baute zusammen mit ihrem Mann ein Haus. Da sie durch die Dürre nur ein Rind verloren hat, kann sie von der restlichen Herde (zehn Rinder, 43 Ziegen) leben, indem sie bei Geldproblemen ein Tier verkauft. In beiden Haushalten war der Mann zum Befragungszeitpunkt verstorben – nach dem Todesdatum und der Todesursache zu fragen, erschien der Interviewsituation unangemessen. In Aminuis wird ein Haushalt von einer 1949 geborenen Frau geführt, die hier zusammen mit vier Enkeln seit dem Tod ihres Mannes im Jahre 1982 lebt. Sie verfügt über ein monatliches Einkommen von ca. 120 N$ (Witwenrente und Zahlungen vom Ministy of Health and Education), zusätzlich verdient sie sich noch etwas als Waschfrau. Das Geld reicht aber nicht aus, da sie ihre Tochter unterstützt, die in Windhoek die Schule besucht. Sie besitzt einen Anteil an einer 40 Tiere umfassenden Ziegenherde. Tiere werden aber nur verkauft, wenn es unbedingt notwendig ist, z. B. um Schulgeld bezahlen zu können. Bei dem zweiten Haushalt handelt es sich um die Frau des 1952 durch einen Autounfall gestorbenen Tswana-Chief Mokalawato, ein Teil ihrer Kinder und Enkel (insgesamt neun Personen) lebt auf der Farm. Fünf Kinder arbeiten in der Stadt und schicken gelegentlich Lebensmittel, da ihre monatliche Rente von 160 N$ nur für zwei Wochen reicht und sie auch nur über eine Herde von fünf Rindern und zehn Ziegen verfügt. Sie ist ansonsten mit ihrer Lebenssituation zufrieden.

In Epukiro lebt eine im Jahr 1918 geborene Frau mit ihren neun Enkeln auf einer Farm. Sie wohnt hier schon seit 1925, ihre Eltern waren noch Nomaden. Von ihrer Monatsrente von 160 N$ muß sie auch das Schulgeld ihrer Enkel mitbezahlen, da nur eines ihrer Kinder regelmäßig Schulgeld schickt. Über weiteres Einkommen verfügt sie nicht. Ihre einzige Ziege wurde gestohlen, und der Dieb kam ohne Strafe wieder frei. Sie ist soweit zufrieden mit ihrer Lebenssituation, aber sie gab auch zu verstehen, daß sie heute den gleichen Lebensstandard wie als Kind hat. Der zweite Haushalt weicht etwas von allen zuvor befragten frauengeführten Haushalten ab: Waren alle übrigen Frauen verwitwet, handelte es sich hier um eine 1953 geborene, ledige Frau, die seit 20 Jahren in der Mission Epukiros als Kindergärtnerin arbeitet. Ihr Einkommen reicht aus, um die zwei Kinder ihres Haushaltes zu versorgen (inkl. Wasser, Strom, Schulgeld).

Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um die Ethnie der San. In der Mission von Aminuis war zu erfahren, daß der Rassenunterschied zwischen Herero und San größer sei, als der zwischen Schwarz und Weiß. In Tsjaka und Aminuis lebt nur ein kleiner Anteil an San. Sie arbeiten meistens als Handlanger auf Farmen und erhalten oftmals nur einen Monatslohn von 20 bis 30 N$ oder werden, was sie auch bevorzugen, mit Alkohol bezahlt. Sie haben ein niedriges Selbstwertgefühl und wollen aufgrund ihrer nomadisch geprägten Art keine feste Arbeitsstelle. Die San-Kinder in Aminuis werden in der Missionsschule unterrichtet. Hier trifft man auf die einzige Bevölkerungsschicht, in der viele (besonders die Kinder) nicht getauft sind.

Im Gebiet um Epukiro ist der San-Anteil höher, und es war den San auf der Nachbarfarm Skoonheit von der Regierung Land geschenkt worden. Es wird hier zwar im Gegensatz zu den anderen Gebieten speziell etwas für die San getan, doch gibt es einige Defizite. Durch diese Landschenkung initiiert, wurde 1993 ein Wohnbauprokjekt gegründet. Seit diesem Zeitpunkt sind etwa 60 Personen hierher gezogen. Überwiegend kamen sie aus dem Resettlementcamp, welches sich auf der 70 km entfernt gelegenen Farm Drimopsis befand. Wie auch in der Anfangszeit von Drimopsis (gegründet 1991 durch die SWAPO), mußten sie in Skoonheit in Zelten leben, da die Häuser erst 1995 errichtet wurden. Für die Häuser müssen die Bewohner nichts bezahlen. Das größte Defizit ist allerdings, daß die Häuser allesamt keine Toiletten haben. Es gibt einen Wasserhahn in der Dorfmitte, der aus zwei Dämmen gespeist wird, die jedoch manchmal trocken fallen. Es gibt keine Elektrizität, und das Brennholz muß meist von weit her geholt werden, da es auf den umliegenden Kampen kaum noch etwas gibt. Die hier lebenden San bekommen Nahrungsmittel von der Regierung, die aber nicht ausreichen, so daß sie „in den Busch“ müssen, um nach etwas Eßbarem zu suchen.

Zum Projekt gehört ein kommunaler Garten, in dem die Leute arbeiten und mit Mais bezahlt werden. Die Anbaufrüchte (Kolbenhirse, Mais, Melonen, Tomaten) werden in Gobabis verkauft, von dem Erlös bekommen die Gartenarbeiter nichts. Ein Viertel des Gartens liegt brach bzw. ist vom Unkraut überzogen, was mit dem Mangel an Düngemittel begründet wird. Da auch keine Pestizide vorhanden sind, wird ein großer Teil der Ernte durch Schädlinge zerstört, wobei als Hauptschädling hier der „Dickpans“ (afrikaans: Dornheuschrecke) genannt wurde. Es gibt eine Gemeinschaftsweide, auf der Rinder, Schafe, Ziegen, Hühner, Pferde und Esel gehalten werden. Auch hier wurden viele Tiere gestohlen oder starben durch die Dürre. In einer Stallung am Rande des Gartens wurden auch Schweine gehalten. Des weiteren haben die San auch hier unter den bekannten Problemen zu leiden: u. a. die Einstellung der Diesel-Subventionen und zu hohes Schulgeld.

^ Inhalt ^ 

3 Bewertung der Untersuchung

Die Befragung in Kap.2 hat eine Reihe von Mißständen aufgezeigt, welche für Namibia keinen Einzelfall darstellen. Diese werden nun im folgenden Kapitel zusammenfassend konkretisiert und in Anlehnung an die Projekte der ländlichen Regionalentwicklung (LRE) des GTZ, die in Kap. 3.2 dargestellt wird, mit nachhaltigen Lösungskonzepten versehen.

3.1 Ergebnisse der Befragung

Die Leitfragestellung dieser Arbeit waren die ökologischen Komponenten des Farmens. Betrachtet man das Zusammenspiel der physischen Parameter dieser Region, kommt man zu dem Schluß, daß es sich hier um einen sehr marginalen Standort handelt, der zunächst einmal für eine Landwirtschaft ungeeignet erscheint. Der Niederschlag ist gering und fällt auch über Jahre hinweg unregelmäßig – es kann jederzeit zu einer Dürre kommen. Der Boden ist fragil und nährstoffarm und unterliegt der ständigen Gefahr, daß er durch die verschiedenen Formen der Desertifikation temporär (z. B. durch Verbuschung) bis dauerhaft (z. B. durch Erosion) unbrauchbar wird.

Wenn man aus diesen Regionen landwirtschaftlichen Nutzen ziehen will, sind unbedingt angepaßte Methoden erforderlich, da die traditionellen nicht mehr ausreichen. Schon aufgrund der Niederschlagswerte wäre diese Region eher für die Viehzucht geeignet, aber auch der Ackerbau darf hier nicht fehlen. Nicht allein, weil er zu einer diversifizierten Landwirtschaft gehört, sondern auch aus Gründen einer regionalen Selbstversorgung. Für den Regenfeldbau ist zwar der Niederschlag zu gering und unregelmäßig, es haben jedoch verschiedene Gartenbauprojekte gezeigt, daß Bewässerungsfeldbau in dieser Region möglich ist. In der Viehzucht sind aber ebenso spezielle Farmmethoden (z. B. HRM) gefragt, um nachhaltig mit Erfolg wirtschaften zu können. Allerdings stehen der Umsetzung noch einige Anfangsschwierigkeiten im Wege: Beides ist anfangs sehr kapitalintensiv. Beim HRM müssen u. a. viele Flächen lückenlos eingezäunt werden, und beim Bewässerungsfeldbau ist z. B. die Anlage eines Bewässerungssystems notwendig. Da kein Kleinbauer in der Lage ist, diese Anfangsinvestitionen aufzubringen, müssen sie vom Staat finanziert bzw. durch Kredite vorfinanziert werden. Auch Hilfsprojekte können hier durch gezielte technische oder finanzielle Zusammenarbeit einen Teil dazu beitragen, was bereits in vielen Projekten zu sehen ist.

Zusätzlich zur Leitfragestellung hat diese Arbeit aber auch gezeigt, daß es noch eine Vielzahl weiterer Komponenten gibt, die beim kleinbäuerlichen Farmen zu berücksichtigen sind. Es sind vor allem die sozioökonomischen und soziokulturellen Aspekte, die ebenso als wichtiger Bestandteil des Farmens gelten und unbedingt Beachtung finden müssen. Um ein nachhaltiges Ergebnis zu erzielen, muß es auch einen Umdenkungsprozeß bei den Farmern geben. Ein starres Festhalten an alte Traditionen wird mit modernen Farmmethoden nicht funktionieren. Ein Herero, der sich traditionell als Viehzüchter sieht, darf sich für den Ackerbau nicht zu schade sein. Auch funktioniert ein modernes Weidemanagement nur, wenn man Vieh als Nutztier ansieht, mit dem man zahlenmäßig nach Vorschrift die Felder bestockt und es vor einer Dürre veräußert, um etwas zu erwirtschaften. Die Herero hingegen sehen das Vieh als „Statussymbol“, in dem nach ihrem Naturglaube die Geister der Vorfahren leben. Auch wenn das Vieh bei anderen Ethnien keine rituelle Bedeutung hat, so gilt bei jedem Kleinbauern eine große Herde als Zeichen von gesellschaftlichem Ansehen. Wenn bei diesen Fragen nicht äußerst sensibel vorgegangen wird, besteht eine große Gefahr, daß viele Hilfsmaßnahmen von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind.

Auch darf die ganze Problematik nicht als lokal lösbar angesehen werden. An vielen Stellen dieses Entwicklungsprozesses ist der Staat bei der endgültigen Klärung von Rahmenbedingungen gefragt. Bevor z. B. in kommunalen Gebieten wie Aminuis weitere Weidegründe eingezäunt werden dürfen, müssen klare gesetzliche Richtlinien geschaffen werden, die eine Landverteilung unter den Bewohnern regeln. Nur so ist man in der Lage, den Menschen Land in Eigenverantwortung zu unterstellen. Für Aminuis hieße das speziell, daß noch weitere Flächen hinzukommen müssen, um jedem Einwohner Farmland in wirtschaftlicher Größe zuteilen zu können. Den Unsitten wie Verantwortungslosigkeit und illegalem Einzäunen, wie sie in den kommunalen Gebieten an der Tagesordnung sind, wären damit die Grundlage entzogen. Dieser Eigenbesitz fördert nicht nur Eigenverantwortung und Eigeninitiative, sondern er stellt auch eine wichtige Wirtschaftsgrundlage (z. B. als Kreditsicherheit) dar. Auch würden Straftaten wie der Viehdiebstahl sicherlich erschwert, da jeder nun einen besseren Überblick über sein Land und sein Vieh hat. Sinnvoll bekämpfen läßt sich Viehdiebstahl allerdings nur, wenn die Polizei besser ausgestattet (u. a. Personal, Einsatzfahrzeuge, Kommunikation) und das Strafsystem – auch für die Abnehmer der gestohlenen Tiere – härter wäre; der Diebstahl wäre dann sowohl beim Transport wie auch beim Verkauf „unattraktiver“.

Gleichzeitig müßte der Staat für einen Ausbau der Infrastruktur sorgen. Was beim Viehverkauf durch Auktionen schon sehr gut klappt, müßte auch für die anderen landwirtschaftlichen Produkte eingerichtet werden. Das Vermarktungsnetz muß so feinmaschig sein, das jeder lokale Märkte erreichen kann. Transportmöglichkeiten und -wege müßten so beschaffen sein, daß nichts mehr verdirbt. Um die Kosten gering zu halten, könnten die Kleinbauern in Gemeinschaftstransporten die Märkte beschicken.

Nicht nur an dieser Stelle zeigt sich, daß es für die Kleinbauern sinnvoll wäre, sich in lokalen Farmerorganisationen zusammenzuschließen: Viele Dinge sind nur wirtschaftlich nutzbar, wenn sie gemeinschaftlich genutzt werden (z. B. Transportfahrzeuge, Landmaschinen). Auch wäre es für eine Gruppe einfacher, bestimmte Dinge wie z. B. Schulungen im Farmwesen zu organisieren. Solche Schulungen wären wichtig, um allgemein die Bildungsdefizite zu kompensieren, die aus dem Mangel an Schulbildung in der Kindheit herrühren (u. a. Alphabetisierung) und um sich Spezialwissen anzueignen, welches für ein erfolgreiches Farmwirtschaften unabdingbar ist. Auch wäre hier eine angepaßte Modernisierung des Kommunikationswesens erforderlich, um schnellstmöglich auf Geschehnisse reagieren zu können: Anfragen an den Markt oder auch für die Alarmierung bei Viehdiebstahl und krankheitsbedingten Notfällen sind nur einige von vielen sinnvollen Kommunikationsanwendungen.

Damit solche Notfall-Alarmierungen nicht ungehört bleiben, ist es sehr wichtig, ebenso den Gesundheitssektor auszuweiten. Denn nur durch eine funktionierende und gut ausgestattete Notfall- und Grundversorgung ist es möglich, akute Fälle zu behandeln (hierzu gehört auch ein zügiger Krankentransport) und flächendeckend die Gesundheit zu erhalten (u. a. regelmäßige Impfungen und Aufklärungskampagnen z. B. für AIDS). Auch ist die Gesunderhaltung der Tiere sehr wichtig, denn nur durch flächendeckende Maßnahmen wie z. B. Schutzimpfungen ist dafür gesorgt, daß das Vieh nicht an Krankheiten verendet und so ein wirtschaftliches Risiko für den Farmer darstellt.

Für eine nachhaltige Gesunderhaltung der Bevölkerung sind allerdings noch weitere Aspekte wichtig: Neben der Erhöhung des Hygienestandards, indem man z. B. jeden Haushalt mit einer Toilette ausstattet, ist auch die Frage nach dem Bevölkerungswachstum von zentraler Bedeutung. Eine Bevölkerung, die mit über 3 % wächst, kann von einem Land wie Namibia nicht lange getragen werden: Hierzu müssen Programme zur Familienplanung ins Leben gerufen werden, damit ein zu hoher Bevölkerungsdruck das Land in naher Zukunft nicht ins Elend treibt. Eine weitere wichtige Investition in die Zukunft wäre auch der Ausbau der schulischen Infrastruktur vor allem auf lokaler Ebene. Auch sollte das Schulgeld den Einkommensverhältnissen der Eltern angepaßt werden, damit jeder die Chance auf Bildung hat. Eine verbesserte Bildung bedingt auch bessere Chancen, eine Arbeit zu finden.

Viele der hier beschriebenen Maßnahmen, vor allem der Ausbau der Infrastruktur, sind sehr arbeitsintensiv. Würden diese Maßnahmen umgesetzt, gäbe es ein hohes Potential an Arbeitsplätzen (z. B. im Haus- und Straßenbau) vom Hilfsarbeiter bis hin zu Ausbildungsberufen (Maurer, Tischler, usw.). Dieses wäre auch ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der ländlichen Arbeitslosigkeit, was dann auch gleichzeitig eine Stärkung der lokalen Kaufkraft hervorruft, die wiederum den lokalen Märkten zugute kommt.

Es müßten Programme ins Leben gerufen werden, die sich besonders um die benachteiligten Gruppen kümmern. Hierzu zählen vor allem die Frauen; sie sind zwar durch die Verfassung den Männern gleichgestellt, aber die Praxis sieht anders aus. Viele frauengeführte Haushalte haben große wirtschaftliche Probleme und bedürfen besonderer Unterstützung. Auch müßte etwas gegen die Benachteiligung von Mädchen getan werden, welche die Schule meist früher verlassen als die Jungen (häufig auch wegen einer Schwangerschaft). Hier würde z. B. eine Sexualerziehung an den Schulen helfen, damit die Benachteiligung der Frau nicht schon im Kindesalter beginnt. Auch müßten die Lebensbedingungen benachteiligter Ethnien verbessert werden: Vor allem wären hier die San zu nennen, die ein Dasein am Rande der Gesellschaft führen. Vielleicht wäre hier ein Erfahrungsaustausch mit RSA fruchtbar, auch um bestehende Projekte verbessern zu können. Besonders die Frauen aber auch die San und andere kleinere Ethnien müßten viel stärker in den politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozeß integriert werden.

3.2 Ländliche Regionalentwicklung in Namibia

Die ländliche Regionalentwicklung (LRE) ist seit 1983 die Antwort der GTZ auf die bis dato wenig zufriedenstellenden Ergebnisse in der Entwicklungsarbeit hinsichtlich einer breitenwirksamen Armutsbekämpfung . Ihr Konzept läßt sich folgendermaßen definieren: DIERS-LIENKE/HARRIS: Durch die Orientierung an den Grundsätzen Armutsbezug, Zielgruppenbezug, Beteiligung und Nachhaltigkeit sollte erreicht werden, daß die Bevölkerung einer ländlichen Region – und dabei vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten –, auf der Basis einer produktiveren Nutzung der lokalen Ressourcen, in die Lage versetzt wird, ihre wirtschaftliche und soziale Situation eigenständig und nachhaltig zu verbessern.

Zusammengefaßt stellt sich LRE wie folgt dar:

  • Die Entwicklungsmaßnahmen müssen sich direkt an den betroffenen Bevölkerungsschichten orientieren und müssen auf die spezifischen Bedürfnisse aller Untergruppen abgestimmt sein.
  • Die Bevölkerung muß in allen Phasen an der Planung beteiligt werden, damit nicht an den Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeplant wird und es zu unangepaßten Maßnahmen kommt, die von der Bevölkerung nicht akzeptiert werden.
  • Besonderes Augenmerk muß auf die Frauen gerichtet werden, da sie, durch patriachale Strukturen bedingt, bei der Projektarbeit oft übergangen wurden.
  • Ein multisektoraler Planungsansatz soll die Vielfalt der armutsverursachenden Faktoren in der gesamten betroffenen Bevölkerungsgruppe bekämpfen und dabei möglichst keinen Aspekt unbeachtet lassen.
  • Von großer Bedeutung ist auch die Nachhaltigkeit der Planung hinsichtlich dem Erhalt des natürlichen Lebensraums durch selbsttragende soziale, institionelle und wirtschaftliche Prozesse, die von der Bevölkerung dann eigenständig weitergeführt werden können.
  • Ein regionaler Bezugsrahmen war die beste Größenordnung, da bei nationalen Programmen schnell der kleinräumige Bezug zur Bevölkerung verloren geht und lokale Programme häufig nicht weiträumig übertragbar sind.

In Namibia wendet die GTZ die LRE in Form ihres Programms „Sustainable Animal and Rural Development Programme“ (SARDEP) an. SARDEP hat zum Ziel, ein ökologisch angepaßtes, nachhaltiges Weidemanagement zu entwickeln, welches sich an die traditionellen Weidewirtschaftsformen anlehnt. Dieses „Opportunistic Management“ verfolgt neben ökologischen Zielen (ressourcenschonendes Weidemanagement) auch die ökonomischen Belange, die zu einem nachhaltigen Wirtschaften gehören: Hierzu zählt z. B. die Strategie, daß die Zahl der Tiere in einer Dürrephase durch Verkauf reduziert und erst nach Ende einer Dürre wieder erhöht wird. So verringert sich die Gefahr, zu viele Tiere durch eine Dürre zu verlieren.

Als Projektregionen wurden kommunale Gebiete in trockenen Bereichen Namibias (weniger als 650 mm Jahresniederschlag bei mindestens acht trockenen Monaten) ausgewählt, die nur über eine geringe bis mittlere Bodenfruchtbarkeit verfügen. Die ausgewählten Gebiete findet man in den beiden Norddistrikten Omahekes (Otjinene, Otjozondjou), sowie in den Distrikten Karas, Hardap, Omusati, Oshana und Ohangwena. Im Zusammenhang mit den Untersuchungsgebieten Tsjaka, Aminuis und Epukiro werden abschließend noch einige Fakten kurz skizziert:

Die erste Siedlung namens Blouwes liegt 50 km nördlich von Keetmanshoop und ist in seiner Struktur mit dem Untersuchungsgebiet Tsjaka zu vergleichen. Es handelt sich hier um ehemals kommerzielles Farmgelände, was vor ca. 20 Jahren unterteilt und an verschiedene Familien weitergegeben wurde. Die so entstandenen Grundstücke sind eingezäunt, und die Zäune werden regelmäßig gewartet. Teilweise sind auch einzelne Weiden eingezäunt. Die Besitzverhältnisse sind also durch legale Einzäunungen fixiert und geklärt. Dieses ist eine ideale Ausgangssituation für SARDEP, da jeder Farmer eigenes Land zu Verfügung hat. Begünstigend kommt auch noch hinzu, daß diese Siedlung nur wenig Einwohner hat, die allesamt das SARDEP kennen und mitmachen wollen.

Anders sieht es in Okakarara (150 km südlich von Tsumeb) und Okongo (160 km östlich von Oshakati) aus. Beide Gebiete sind mit Aminuis zu vergleichen. Es handelt sich hier um gemeinschaftlich genutztes Land. Die Besitzverhältnisse sind noch nicht geklärt. Wenn Einzäunungen vorhanden sind, so wurden diese stets auf illegaler Basis errichtet. Die Besitzer der illegalen Einzäunungen sind nicht bereit, diese zu entfernen, was für SARDEP eine Einstiegsvoraussetzung wäre. Hieran droht SARDEP in diesen Regionen zu scheitern. Bis es eine gesetzliche Grundlage zur Entfernung illegaler Einzäunungen gibt, kann SARDEP nur in Detailfragen helfen: In Okakarara wäre z. B. eine Förderung des Bewässerungsfeldbaus notwendig, während in Okongo die gravierende Unkenntnis lokaler Marktstukturen beseitigt werden müßte.

Ebenso sind zwei weitere Projektregionen im Distrikt Otjozondjupa namens Omatupa (50 km östlich von Okakarara) und Omupanda (12 km südöstlich von Okakarara) in ihrer Struktur mit Aminuis vergleichbar: Auch hier wird ein größeres Gebiet kommunal von vielen Farmern genutzt. In Omatupa arbeiten meist junge Farmer in Vollzeit und lassen ihr Vieh verstreut grasen, während in Omupanda überwiegend Rentner in Teilzeit farmen und das Vieh meist in Dorfnähe grast. In beiden Regionen gibt es illegale Einzäunungen, die für eine Durchführung von SARDEP ein großes Problem darstellen.

In Omupanda haben viele Farmer zwar das Wissen über das kommerzielle Farmen, da sie früher auf kommerziellen Farmen gearbeitet haben, dieses können sie hier in ihrem kommunalen Gebiet allerdings nicht einsetzten. Analog zu Aminuis ist hier zu wenig Platz für die Bewohner und ihr Vieh, als Folge kam es auch hier zur Überstockung und Überweidung. Hier müßte die Politik strikte Anweisungen geben, um der Verarmung der Bauern Einhalt zu gebieten. Im Rahmen des SARDEP wurde als erste Maßnahme vorgeschlagen, wenigstens die Dörfer durch Zäune voneinander zu trennen, damit jedes Dorf sein eigenes kommunales Land hat und sich nicht alle sechs Dörfer das eine Landstück teilen müssen. Dieses wäre auch ein wichtiger Schritt in Richtung Eigenverantwortung.

Im Gegensatz zu Omupanda ist in Omatupa eine Form von Nachbarschaftshilfe nahezu unbekannt. Legal errichtete Zäune, die für ein Weidemanagement und die Kontrolle von Wasser und Vegetation wichtig wären, fehlen hier völlig. Das Vieh grast daher überall, als Folge kommt es wie in Aminuis zu Desertifikationserscheinungen (hier spez. Verbuschung). Die Kleinbauern sind nicht an dieser Problematik interessiert, da sie aufgrund ihrer kommunalen Lebens- und Wirtschaftsweise eine Eigenverantwortung nicht kennen. Wegen des Mangels an Bildungseinrichtungen sind viele Kinder der Kleinbauern in den benachbarten Städten, um dort die Schule besuchen zu können. Auch hier hat SARDEP Schwierigkeiten: Das Gebiet ist kommunal und bleibt es auch, solange die gesetzlichen Grundlagen zur Klärung der Landfrage fehlen. Weitere Schwerpunkte wären hier die Verbindung von traditionellem und modernem Farmen mittels des opportunistic ressource management, Gründung von lokalen Interessenverbänden der Kleinbauern sowie einer häufigeren Ausrichtung von traditionellen, politisch neutralen Treffen.

An diesen Beispielen sieht man, daß viele Probleme nicht nur in Tsjaka, Aminuis und Epukiro liegen, sondern über weite Teile Namibias verteilt sind. Oftmals sind die Hauptproblematiken eng an die Struktur eines Gebiets geknüpft: Ein kommunal genutztes Gebiet benötigt als erstes die Klärung der künftigen Besitzverhältnisse als Grundlage für eine funktionierende Landwirtschaft. In vielen Punkten spiegeln Tsjaka, Aminuis und Epukiro die Probleme ganz Namibias wider.

3.3 Zusammenfassung und Ausblick

Die in Kap. 1.1 geäußerte Leitfragestellung zu den ökologischen Parametern des kleinbäuerlichen Farmens ließ noch Raum für weitere Aspekte, die für das Wirtschaften eines Kleinbauern von Bedeutung sind. Dieses war insofern wichtig, da sich im Laufe der Arbeit zeigte, daß neben den klimatischen und physisch-geographischen Bedingungen noch eine Vielzahl weiterer Parameter existieren, die für den untersuchten Bevölkerungsteil von enormer Bedeutung sind. Denn nur die gemeinsame Betrachtung von ökologischen und ökonomischen Parametern, sowie den politischen Rahmenbedingungen ergibt ein Bild, welches die Lebenssituation eines Kleinbauern in Omaheke widerspiegelt.

Diese Arbeit hat versucht, das vielschichtige und in sich verzahnte Problemgeflecht aufzuzeigen, mit dem sich ein kommunal farmender Kleinbauer im Osten Namibias auseinandersetzten muß: Das semiaride Klima bedingt eine marginale naturräumliche Ausstattung, die eine höchst labile Grundlage für eine Farmwirtschaft darstellt. Infrastrukturelle Defizite in den Bereichen Ver- und Entsorgung, Gesundheit, Bildung und Kommunikation sowie eine ungeklärte Landbesitzstruktur erschweren die Situation noch zusätzlich.

Aus eigener Kraft können die Kleinbauern an ihrer Situation wenig ändern. Deshalb sind die hier lebenden Menschen einerseits auf Projekte angewiesen, die durch gezielte, nachhaltige Hilfe eine dauerhafte Verbesserung der Gesamtsituation hervorrufen, andererseits muß der Staat jedoch auch durch eine richtungsweisende Politik Rahmenbedingungen schaffen, welche den störungsfreien Ablauf dieser Projekte garantieren.

Die Maßnahmen müssen zum einen kleinräumig auf die Bedürfnisse vor Ort ausgerichtet sein, was von den verschiedenen Organisationen bereits getan wird, zum anderen müssen aber auch Programme ins Leben gerufen werden, welche auf gesamtstaatlicher Ebene entwicklungshemmende Prozesse (z. B. zu starkes Bevölkerungswachstum) bekämpfen.

Nur wenn hier alle staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen von der urbanen bis hin zur staatlichen Ebene gemeinsam Handeln, ist für Namibia eine nachhaltige Entwicklung möglich.

^ Inhalt ^ 

4 Anhang

4.1 Literatur

GEDENK, S.: Landbesitzverhältnisse und Landreform in Namibia anhand der Region Omaheke - Ziele und Durchführung von Umsiedlungen der indigenen Bevölkerung vor und nach der Unabhängigkeit. unpubl. Diplomarbeit, 1999, Osnabrück
SCHWENCKE, L.: Zur sozioökonomischen und soziokulturellen Entwicklung in ländlichen Gebieten Namibias und die Beispiele der kommunalen Farmgebiete Aminuis, Epukiro und Tsjaka. Diplomarbeit, 1999, Osnabrück
WITTE, M.: Ökologische Bedingungen der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in semiariden Gebieten Namibias und das Fallbeispiel Omaheke. Diplomarbeit, 1999, Osnabrück
u.v.a.                  

4.2 Abkürzungen

AFA Aminuis Farmer Association
DRFN Desert Reasearch Foundation of Namibia
DTA Democratic Turnhalle Alliance
GTZ Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit
GVE Großvieheinheit
HRM Holistic Ressource Management
KVE Kleinvieheinheit
LRE Ländliche Regionalentwicklung
MAWRD Ministy of Agriculture Water and Rural Development
N$ Namibian Dollar (Mai 1997: 1 N$ = 0,40 DM)
NACADEC Namibian Catholic Development Commission
NAU Namibia Agricultural Unit
NORAD Embassy of Norway
OXFAM-UK&I Oxford Committee for Famine Relief - UK and Ireland
R Südafrikanischer Rand (1R = 1N$)
RSA Republic of Southafrica
SARDEP Sustainable Animal and Range Development Programme
SWANU South West African National Unit
SWAPO South West African People’s Organisation
UNAM University of Namibia

4.3 Fragebogen

Auf Grundlage anfänglicher Interviews mit Schlüsselpersonen, der Literaturrecherche vor Ort und eines bestehenden Fragebogens eines abgeschlossenen Studienprojektes entstand folgender Fragenkatalog, der stets Grundlage eines jeden Kleinbauerninterviews war:

A: Haushalt
1. Wann sind Sie geboren?
2. Wo sind Sie geboren?
3. Welcher Ethnie/Religion sind Sie zugehörig?
4. Welchen Familienstand haben Sie?
5. Haben Sie einen Beruf (gelernt)?
6. Wie viele Personen gehören zu diesem Haushalt?
- Wie viele Frauen?
- Wie viele Kinder?
- Andere Familienangehörige?
7. Wo leben Ihre Kinder?
- Welchen Beruf haben die Kinder?
8. Welche nicht zur Familie gehörigen Personen leben auf dieser Farm?
9. Wie lange leben Sie schon hier?
10. Woher sind Sie gekommen?
11. Warum sind Sie hierher gekommen?
12. Woher beziehen Sie Ihr Einkommen?
13. Gibt es andere Einkommensbezieher in diesem Haushalt?
14. Bekommen Sie Unterstützung von anderen Familienmitgliedern?
15. Wie viele Mahlzeiten haben Sie pro Tag?
16. Verfügen Sie über ein Transportmittel?
17. Wie ist die medizinische Versorgung?
18. Gibt es hier eine Wasserversorgung?
- Gibt es hier einen elektrischen Anschluß?
- Gibt es hier einen Telefonanschluß?
- Gibt es hier eine Toilette?
19. Wer hat das Haus gebaut?
- Was hat es gekostet?
- Wieviel Miete bezahlen Sie?
   
B: Landwirtschaft
1. Wie groß ist ihre Farm?
2. über wieviel ha Weidefläche verfügen Sie?
3. Wie viele Familien leben auf dieser ehemaligen kommerziellen Farm?
4. Haben Sie auch Anbaufläche für Ernteerzeugnisse?
- Welche Produkte bauen Sie an?
- Sind diese Erzeugnisse für den Eigenbedarf oder für den Verkauf?
5. Welche Weiden benutzen Sie?
6. Werden von Ihnen Zäune verwendet?
7. über wie viele Tiere verfügen Sie?
- Welche Anzahl Rinder?
- Welche Anzahl Ziegen?
- Welche Anzahl Schafe?
- Welche Anzahl anderer Tiere (Pferde, Esel, Hühner, ...)
8. Haben Sie Probleme mit Tierkrankheiten?
9. Wie wird Ihnen dabei geholfen?
10. Haben Sie ein Beweidungssystem?
11. Haben Sie Probleme mit Überweidung, Verbuschung oder Desertifikation?
12. Verkleinern Sie die Herde während trockener Jahre?
13. Wo verkaufen Sie die Tiere?
14. Woher beziehen Sie Ihr Feuerholz?
- Wird es schwieriger, Feuerholz zu finden?
- Ist das Land bereits entwaldet?
15. Verfügen Sie über genügend Wasser für den Haushalt und die Tiere?
16. Ist die Wasserqualität in Ordnung?
17. Wie viele Brunnen haben Sie und wo befinden sich diese?
18. Kommt es vor, daß ein Boden trocken fällt?
19. Bekommen Sie während einer Dürre Hilfe?
20. Haben Sie bei Dürre eigene Überlebensstrategien?
   
C: Landpolitik
1. Ist die Größe der Herden limitiert?
- Von wem?
2. Wer steuert/führt die lokale Politik?
3. Wer ist für Sie wichtiger: der traditionelle Chief oder die Regierung?
4. Wer gab Ihnen das Land?
5. Wer unterstützte Ihre Umsiedlung?
6. Bekommen Sie bei Bedarf Unterstützung von der Agribank?
7. Was hat sich für Sie nach der Unabhängigkeit verändert?
8. Wie denken Sie über die Landreform?
9. Was halten Sie von einer Umsiedlung?
10. Sind sie mit Ihrer augenblicklichen Situation zufrieden?
11. Welche Umstände müssen sich bessern?
12. Welches sind Ihre Wünsche für die Zukunft?

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